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Lohnraub bei Body Fashion

In Thailand fordern Textilarbeiter Millionen Euro an ausstehenden Gehältern von reichem Unternehmer

  • Robert Lenz
  • Lesedauer: 3 Min.
NGOs fordern, dass sich Huber seiner Verantworung stellt.
NGOs fordern, dass sich Huber seiner Verantworung stellt.

Jaruwan Karak ist verzweifelt. Ihr ehemaliger Arbeitgeber Body Fashion schuldet ihr umgerechnet 21 524 Euro Lohn und ihrem Ehemann weitere 17 756 Euro. »Um zu überleben, haben wir uns Geld von der Bank geliehen«, berichtet die thailändische Textilarbeiterin. »Als die Bank die Kredite nicht verlängerte, mussten wir uns an Kredithaie wenden. Jetzt haben wir alles verloren. Unser Auto ist weg und unser Haus auch. Für Lebensmittel sind wir auf Spenden buddhistischer Mönche angewiesen.«

Familie Karak ist kein Einzelfall. Insgesamt 6,4 Millionen Euro an ausstehenden Löhnen samt Abfindungen und Zinsen schuldet das Unternehmen den rund 900 Arbeitern, die vor fünf Jahren in der Coronazeit Knall auf Fall entlassen wurden. Es geht um die Fabriken in den Städten Nakhon Sawan und Samut Prakan.

Trotz einer Reihe von Urteilen thailändischer Gerichte zugunsten der Arbeiter verweigert Unternehmer Robert Ng die Zahlung. Scott Nova, Direktor der Initiative Workers Rights Consortium, sagte dieser Tage auf einer Pressekonferenz in Bangkok: »Dass Arbeiter nach dem Bankrott eines Unternehmens ihren ausstehenden Lohn nicht erhalten, kommt vor. Aber Body Fashion produziert weiter, und Robert Ng ist weiterhin der Chef. Das macht diesen Fall so einzigartig.«

Der malaysische Unternehmer gilt als schillernde Figur. Sein Firmennetzwerk sei »in seiner Komplexität kaum durchschaubar und wenig transparent«, heißt es in einer Veröffentlichung des Workers Rights Consortiums. Wie aus gesetzlich vorgeschriebenen Dokumenten hervorgehe, seien viele Unternehmen zu 100 Prozent im Besitz von Ng. Seine in Hongkong registrierten Holdings betrieben mindestens zehn Textilfabriken in Sri Lanka, Portugal und Ungarn. Zahlreiche bekannte globale Marken und Einzelhändler machten Geschäfte mit diesen Firmen, darunter Amazon und Nordstrom, die Ng’s Unterwäsche verkauften, während andere wie Marks & Spencer oder Next ihre eigenen Marken von Ng herstellen ließen.

Robert Ng ist zugleich Vorstandsvorsitzender der Huber Holding, einem führenden österreichischen Unterwäscheunternehmen mit Marken wie HOM, Skiny Bodywear und Hanro International. Das Unternehmen hat öffentlich erklärt, nicht für die Beseitigung des Lohndiebstahls in Thailand verantwortlich zu sein. In dieser Zeit hätten die betroffenen Fabriken keine Waren für Huber mehr produziert.

Aktivist Nova stellt einerseits klar, dass die Kunden von Body Fashion – darunter in Österreich Otto und Peek & Cloppenburg, in Deutschland unter anderen Galeria und Zalando – direkt nichts mit dem Lohndiebstahl zu tun hätten. »Aber in einer Branche, in der jede Marke und jeder Einzelhändler sich vorgeblich ethischen Geschäftspraktiken verpflichtet, sollte jemand, der offen Millionen von seinen Arbeitern stiehlt, zum Pariah werden. Die moralische Gleichgültigkeit dieser Firmen ist atemberaubend«, sagt Nova. Gertrude Klaffenböck von der Menschenrechtsorganisation Südwind Österreich nennt es »widerwärtig, dass das Management von Huber und der Aufsichtsrat weder Verantwortung übernehmen noch irgendwelche Konsequenzen für Herrn Ng aus seinem Lohndiebstahl ziehen«.

David Welsh, Landesdirektor der Arbeiterrechteorganisation Solidarity Center in Thailand, hält es für entscheidend, »die globale Bekleidungslieferkette an ihre Verantwortung zu erinnern und in die Pflicht zu nehmen«. Auch Marken wie Victoria’s Secret, die über viele Jahre hinweg auf den Rücken der meist armen, weiblichen thailändischen Arbeiter riesige Profite gemacht hätten, könnten sich nicht mit dem fadenscheinigen juristischen Argument herausreden, für das Verhalten ihrer Lieferanten nicht verantwortlich zu sein.

Der ehemaligen Body-Fashion-Arbeiterin Prasit Koedphithak schuldet Robert Ng umgerechnet 18 977 Euro. Sie hat 22 Jahre lang für die Firma gearbeitet. »Seit meiner Entlassung konnte ich keine Arbeit mehr finden. Ich musste mir Geld leihen und habe jetzt Schulden. Ich sehe für mich keine Zukunft mehr.«

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