Werbung

Alle Macht dem Präsidenten

Olaf Standke zur drohenden Verfassungsreform in der Türkei

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 1 Min.

Sondervollmachten hat Recep Tayyip Erdogan schon. Seit dem Putschversuch im Vorjahr herrscht in der Türkei der politische Ausnahmezustand. Anfang des Jahres wurde er um weitere drei Monate verlängert, sodass der Präsident per Dekret schon jetzt weitgehend »durchregieren« kann. Doch Erdogan will mehr. Seit Montag debattiert das Parlament in Ankara eine heftig umstrittene Verfassungsreform.

Am Ende soll erstmals in der türkischen Geschichte ein Präsidialsystem mit noch größerer Machtfülle stehen. Einen Regierungschef gäbe es dann nicht mehr, das Parlament, das Erdogans Erlasse heute zumindest noch nachträglich absegnen muss, wäre deutlich geschwächt, denn die Dekrete hätten dann per se Gesetzeskraft. Im Falle einer Bedrohung des Staates könnte er noch rigider durchgreifen, er bestellt und feuert die Minister, sein Einfluss auf die Justiz würde weiter wachsen. Kein Wunder, dass die größte Oppositionspartei CHP vor einer Diktatur in der Türkei warnt.

Allerdings gibt es noch eine Hürde, bevor die Wähler in einem Referendum das letzte Wort haben: In der Nationalversammlung braucht die islamisch-konservative Regierungspartei eine Dreifünftelmehrheit, und die wurde bei den letzten Wahlen verfehlt. Noch ist Erdogan auf andere angewiesen, in diesem Fall auf Stimmen aus der ultranationalistischen Partei MHP.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal