Eine europäische Angelegenheit

Der Welthandballverband scheitert regelmäßig mit der Internationalisierung seines Sports

  • Michael Wilkening
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit dem Duell von Gastgeber Frankreich gegen Brasilien begann am Dienstagabend die 25. Handball-Weltmeisterschaft der Männer. Was 1938 mit einem kleinen Turnier von vier Nationalverbänden begann, ist mittlerweile zur Großveranstaltung mit 24 Nationen und 84 Matches geworden. Geblieben ist nur die Dominanz der europäischen Teams, so dass es eine große Überraschung wäre, wenn am 29. Januar das Finale nicht zwischen zwei Mannschaften aus Europa entschieden werden würde. Die Versuche des Handballweltverbandes IHF, den Sport weltweit populär zu machen, sind immer wieder gescheitert.

Vor zwei Jahren war es beinahe um die Vormachtstellung der Europäer geschehen, als erst die große Mannschaft der Franzosen den Siegeszug Katars zu stoppen vermochte. Im Finale siegte Frankreich über den WM-Gastgeber und beendete den Siegeszug der Mannschaft aus dem Nahen Osten. Bis 2015 waren die vierten Plätze von Ägypten (2001) und Tunesien (2005) die besten Resultate nicht-europäischer Nationen bei Weltmeisterschaften gewesen - und ganz ohne Hilfe vom »alten Kontinent« waren die Siege der Katarer auch nicht möglich. Sie hatten sechs Europäer eingebürgert, hinzu kam ein Kubaner - und ließen sich von einem Trainer aus Spanien anleiten.

Katar war und ist ein Sonderfall - und wird das Niveau nicht halten können, das es vor zwei Jahren im eigenen Land erreicht hatte. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro waren die Katarer im Viertelfinale gegen Deutschland beim 22:34 schon wieder chancenlos, ab dem Halbfinale waren die Teams aus Europa unter sich.

Vor allem in den finanzstarken Märkten in China, Nordamerika oder Großbritannien spielt Handball überhaupt keine Rolle. Daran änderten auch Versuche der IHF in den 1960er Jahren nichts, als es einige Initiativen gab, Handball in den USA zu etablieren. Letztlich versandeten alle, weil Handball in Nordamerika als »besonders gewalttätige Kombination von Basketball, Fußball und Hockey« (Time) beschrieben wurde. In den USA wollte der Weltverband wichtige (Finanz-)Märkte erobern, scheiterte aber immer wieder.

Das Problem liegt in den körperlichen Anforderungen, die erfolgreiche Handballer haben müssen. Sie sind mit denen identisch, die ebenfalls beim Rugby oder Football benötigt werden. »In Nationen, in denen Rugby oder Football populär sind, wird es für den Handball immer schwer bleiben«, sagt Klaus Blank, Präsident des Deutschen Rugbyverbandes. Frankreich ist bislang die einzige Nation geblieben, die sowohl eine erfolgreiche Handball- als auch Rugbygeschichte vorweisen kann.

Aktuell gibt es Versuche des Weltverbandes unter seinem Präsidenten Hasan Moustafa, Handball in den asiatischen Märkten populär zu machen, doch bisher sind auch hier alle Bemühungen gescheitert. Hoffnung gibt es durch die Olympischen Spiele in drei Jahren in Tokio, doch die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 1997 in Japan hat gezeigt, dass die Begeisterung für Handball in Fernost nur eine kurzzeitige Erscheinung geblieben ist. Südkorea besaß danach eine wettbewerbsfähige Mannschaft, hat inzwischen aber den Anschluss wieder verloren und sich für die WM in Frankreich nicht qualifiziert.

2017 ist der Handball nach dem Ausflug in die Wüste Katars wieder in seiner Heimat und einem der stärksten Handballmärkte angekommen. In zwei Jahren findet die Weltmeisterschaft in Deutschland und Dänemark statt - und damit in den Nationen, in denen Handball hinter dem Fußball die populärste Mannschaftssportart ist. Erst 2021 ist ein weiterer Versuch möglich, den Sport außerhalb von Europa beliebter zu machen. Dann wird Ägypten, die Heimat von IHF-Präsident Moustafa, zum zweiten Mal nach 2001 Ausrichter der WM sein.

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