Frustabfuhr an Donald Trump

Im Internet gibt es eine Gummipuppe in Gestalt des neuen US-Präsidenten zu kaufen / Laut Werbung soll an ihr sexuelle Gewalt ausgeübt werden

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 4 Min.

Vergewaltigungen sind Waffen im Krieg, so sieht es der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Schon seit Menschengedenken. Extreme Beispiele waren zuletzt Bosnien, Kongo und derzeit Irak, wo der sogenannte Islamische Staat (IS) systematisch Yezidinnen entführt, vergewaltigt, foltert, zur Prostitution zwingt und verkauft. Die Vergewaltigungen zielen darauf ab, die Gesellschaft zu zerstören. Oft funktioniert das in den patriarchalen Systemen, in denen die Männer »ihre« Frauen nicht mehr beschützen können und somit ebenso Ziel der Grausamkeit sind.

Männer werden jedoch auch immer wieder selbst Opfer von Vergewaltigungen als Kriegswaffe. In homophoben Gesellschaften erzielen sie stärkere Wirkung. Ziel ist es, die Feinde zu erniedrigen und sie von ihrer Gesellschaft zu isolieren. Eine doppelte Bestrafung: erst die Vergewaltigung durch den Feind und dann der Ausschluss aus der eigenen Gemeinschaft.

Derzeit hängen in Berlin Plakate, auf denen »FU** DONALD!« steht. Dabei handelt es sich nicht, oder zumindest nicht nur, um eine politische Aussage, die die Ablehnung gegen den neuen Präsidenten der USA ausdrückt. Die Poster sind eine Werbekampagne eines deutschen Sexspielzeugversandhandels, der mit der Möglichkeit wirbt, den politischen Frust über den neuen Präsidenten abzulassen. Sexuell. An ihm. An Donald, der »mit dem größten Arschloch«.

Beworben wird eine Liebespuppe, umgangssprachlich auch Gummipuppe genannt, die Donald Chump heißt. Sie soll ganz offensichtlich Donald Trump darstellen, es gibt sie seit den Vorwahlen 2015. Anders als andere derartiger Puppen, die Männer darstellen, hat sie kein Glied, das zum Liebesspiel beitragen kann. Die Puppe hat nur eine Öffnung, den Anus, und dient der Penetration.

Wer will, kann den neuen US-Präsidenten so gegen ein bisschen Geld »ficken«. Zumindest symbolisch. Klickt man auf den Seiten des Versandhandels herum, finden sich auch diverse Gummipuppen, die an Showgrößen der Unterhaltungsindustrie erinnern. Es gibt aber auch eine Puppe, die »Horny Hillary« heißt und eine US-amerikanische Politikerin darstellt. Für sie wird mit Anspielungen auf das US-Präsidentenbüro geworben.

Raiko Spörck, Geschäftsführer des Versandhandels »Dildoking«, sagt im Gespräch mit »nd«, dass die Kampagne auf große Resonanz stoße: »Jeden Tag erhalten wir Zuschriften von Leuten, die das Plakat haben wollen. Denen schicken wir natürlich eins. Derzeit lassen wir es nachdrucken.« Die Person, die die Plakate in Berlin klebt, werde ständig angesprochen und verschenkt sie. Seit November ist die Puppe im Angebot und wurde bisher 70 mal verkauft.

Es ist nicht neu, dass die US-amerikanische Pornoindustrie sexuelle Parodien auf aktuelle Filme und Serien oder Anspielungen auf Politiker und Politikerinnen produziert. Die republikanische Senatorin Sarah Palin wurde in einem Sexfilm parodiert, ebenso Barack Obama. Hollywoods Showbusiness und die Politik reagieren meist nicht, wenn sie in Pornofilmen adaptiert werden. Sie scheuen es, über die Prozesse in den Klatschnachrichten mit der Sexindustrie in Verbindung gebracht zu werden.

Die Gummipuppen, die Stars oder Clinton darstellen, eint, dass sie mit der körperlichen Attraktivität beworben werben. Klar, reiner Sexismus, der die Personen auf ihr Äußeres reduziert. »Horny Hillary« wird der »hottest Tail on the Campaign Trail« attestiert, der heißeste Hintern unter den PräsidentschaftskandidatInnen. Wie sich die dargestellten Personen dabei fühlen, dass sie als Sexpuppe für jeden frei erwerblich sind und zu sexuellen Handlungen benutzt werden, ohne ihnen dabei zuzustimmen?

Bei der Gummipuppe, die Donald Trump darstellt, gibt es jedoch einen eklatanten Unterschied. In ihr wird Trump negativ dargestellt, als das größte Arschloch, als Gegner. Ihn zu »ficken« soll wohl bedeuten, ihn zu erniedrigen.

Alle Gummipuppen stellen ein sexuelles Machtgefälle dar. Die dargestellte Person kann sich nicht gegen das wehren, was mit ihr geschieht. Bei der Puppe von Trump wird dies aber explizit beworben. »He screwed up politics, now you can screw him back!« In der Übersetzung steht das irgendwo zwischen: »Er hat die Politik zerstört, jetzt kannst Du es ihm heimzahlen!« und: »jetzt kannst du ihn zerstören!« Ihn gilt es dadurch zu erniedrigen, dass er anal penetriert wird, was als homophob einzuordnen ist.

So wie in jeder Auseinandersetzung müssen auch im politischen Streit die individuellen Rechte und die Würde des Anderen gewahrt bleiben. Symbolische sexuelle Gewalt am politischen Gegner macht sexuelle Gewalt salonfähig. Gewalt und sexuelle Grenzüberschreitung dürfen aber niemals ein Mittel der Auseinandersetzung sein. Kritik an Donald Trump muss anders aussehen.

Egal, wie verhasst Trump ist, wie homophob und misogyn er sein mag - eine Vergewaltigung zur Machtausübung, zur Erniedrigung oder zur Rache zersetzt die Gesellschaft. Damit ähneln die Käuferinnen und Käufer der Puppe dem, den sie erniedrigen wollen.

Beim Versandhandel ist die Puppe derzeit übrigens nicht mehr zu erhalten. Sie ist ausverkauft.

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