Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe
Der Fortschritt im Weltrecht ist eine Schnecke. Juristisch öffnet das Konzept des »Weltrechtsprinzips« schon seit über 50 Jahren das Ahnden von Kriegsverbrechen. Es besagt, dass Kriegsverbrecher in allen Staaten strafrechtlich verfolgt werden dürfen, unabhängig davon, wo die Straftaten begangen wurden. Mit Leben erfüllt wird das Konzept erst seit knapp zehn Jahren. Die Verhaftung von Chiles Diktator Pinochet in London auf Veranlassung des spanischen Ermittlungsrichters Baltazar Garzón machte 1999 den Anfang und seit 2002 gibt es gar ein Gericht, das explizit zur Durchsetzung des »Weltrechtsprinzips« geschaffen wurde: der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag. Dort ist seit Freitag erstmals der Straftatbestand der sexuellen Gewalt gegen Frauen und Kinder als Kriegswaffe Gegenstand einer Anhörung. Angeschuldigt sind zwei kongolesische Milizenführer. Ein Fortschritt und Skandal gleichermaßen. Denn bisher wurde sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder im Krieg quasi als nicht justiziabler Kollateralschaden betrachtet. Das immerhin hat sich inzwischen geändert. Erst letzte Woche hat der UNO-Sicherheitsrat einstimmig eine Resolution verabschiedet, die ein Ende der sexuellen Gewalt gegen Frauen und Kinder in militärischen Konflikten fordert. Dass diese Resolution in Ostkongo oder Darfur etwas am Einsatz der Kriegswaffe Vergewaltigung ändert, ist freilich zu bezweifeln. Da verspricht der IStGH mehr: Kriegsverbrecher und Kriegsverbrechen gehören vor Gericht. Ob es die beiden kongolesischen Milizenführer ereilt, ist noch nicht ausgemacht. In der Anhörung wird geprüft, ob genügend Beweise vorliegen, um ein Strafverfahren einzuleiten. Bis zur Ächtung der Kriegswaffe sexueller Gewalt ist noch ein weiter Weg.
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