Kein Asyl für Terrorhelfer

Europäischer Gerichtshof konkretisiert EU-Recht anhand eines Einzelfalls aus Belgien

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Luxemburg. Aktive Mitglieder terroristischer Vereinigungen können in der EU vom Asyl ausgeschlossen werden. Dafür müssen sie selbst keine Terrorakte begangen haben, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg urteilte. Vielmehr sei die Verweigerung des Asyls auch dann grundsätzlich rechtens, wenn der Betreffende zum Beispiel mitgeholfen habe, Gesinnungsgenossen für Terroranschläge in ein anderes Land zu schleusen, befand der EuGH in dem Fall aus Belgien.

In dem Fall ging es um den Marokkaner Mostafa L., der 2006 in Brüssel zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Er war dem damaligen Urteil zufolge in der »Groupe islamique des combattants marocains« (Islamische Gruppe marokkanischer Kämpfer) aktiv gewesen und hatte sich daran beteiligt, Freiwillige nach Irak zu schleusen, wie der EuGH erläuterte. 2010 beantragte Mostafa L. in Belgien Asyl, da er nach einer Rückkehr nach Marokko als radikaler Islamist eingestuft werden könne.

Der Antrag wurde zunächst abgelehnt, landete aber später beim belgischen Staatsrat, einem obersten Justizorgan. Dieser rief den EuGH an, damit er die EU-Asylgesetzgebung für den vorliegenden Fall auslege. Dabei handelt es sich um eine Richtlinie, die regelt, wer als Flüchtling anzuerkennen ist. Sie sieht einen Ausschluss vom Asyl für denjenigen vor, der sich »Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen«. Zu diesen Grundsätzen und Zielen zählen Frieden und Sicherheit, Menschenwürde und Menschenrechte.

Der EuGH hatte nicht zu befinden, ob jemand, der selbst Terroranschläge begeht, das Asylrecht in der EU in Anspruch nehmen darf. Denn Mostafa L. hatte nach Überzeugung der belgischen Justiz weder Terrorakte begangen, noch war er daran beteiligt gewesen oder hatte dazu angestiftet. Er hatte aber in der islamischen Gruppe marokkanischer Kämpfer mitgearbeitet. Die Ausschleusung von Kämpfern nach Irak hatte er den Angaben zufolge unter anderem durch das betrügerische Überlassen von Pässen unterstützt.

Auch solches Handeln kann laut EuGH den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen und damit den Ausschluss vom EU-Asylrecht rechfertigen. Die Straßburger Richter beriefen sich für ihr Urteil insbesondere auf eine Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen von 2014 zum Terrorismus. Darin drückte der Sicherheitsrat seine Sorge über Netzwerke aus, über die ausländische Kämpfer zwischen Staaten hin und her geschleust werden.

Der EuGH hat in seinem Urteil das EU-Recht ausgelegt. Die konkrete Entscheidung über das Schicksal des Marokkaners muss nun die belgische Justiz fällen. Zugleich bindet die Straßburger Entscheidung auch Gerichte in anderen EU-Ländern bei ähnlichen Fällen. epd/nd

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