Medienkompetenz für Frauen

Im Projekt »Digital Empowerment« lernen Geflüchtete mit Computern umzugehen

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf den Computerbildschirmen stehen einzelne Wörter in einer langen Liste: der Apfel, der Bruder, die Orange. Auf anderen Bildschirmen sind es hingegen ganze Sätze: Ich esse Apfelkuchen, Ich kaufe Orangen. Im Frauencomputerzentrum in der Cu᠆vrystraße in Kreuzberg lernen geflüchtete Frauen, mit Computern umzugehen - und gleichzeitig Deutsch.

Tarfa Alsharifi ist seit drei Wochen dabei. In Syrien war sie Lehrerin für Arabisch an der Sekundarstufe, bevor sie vor einem Jahr und zwei Monaten nach Deutschland floh. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren drei Kindern wohnt sie heute in einer Flüchtlingsunterkunft in Lichtenberg. Vom Computerkurs erfuhr sie von einer Freundin aus der Unterkunft, die eine entsprechende Anzeige gesehen hatte.

»Digital Empowerment« nennt sich das von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung geförderte Projekt, an dem Alsharifi teilnimmt. Das Frauencomputerzen᠆trum will damit geflüchteten Frauen Medienkompetenz vermitteln, gleichzeitig sollen sie - praktisch nebenbei - Deutsch lernen, außerdem Orientierung in der neuen Umgebung sowie Unterstützung bei Problemen des Alltags erhalten.

Das Projekt begann bereits im Dezember 2016 in einer Notunterkunft in Marienfelde. Rund 30 Frauen nehmen dort regelmäßig teil. Im Januar startete das digitale Lernen auch in den Räumen des Frauencomputerzentrums in Kreuzberg. Mittwochs und Freitags treffen sich hier regelmäßig zehn bis 15 Frauen.

Auch die Syrerin Intifar Al-Batat hat von einer Freundin von den Computerkursen erfahren. »Wenn eine von uns etwas erfährt, das auch für andere interessant sein kann, sagt sie es weiter. Wir helfen uns gegenseitig«, sagt Al-Batat mit Hilfe einer Übersetzerin. In Syrien hat sie als Designerin für Kleider gearbeitet. Gezeichnet hat sie ihre Entwürfe bisher immer auf dem Papier. »Aber das ist mühselig.« Deshalb möchte sie lernen, Computerprogramme dafür zu nutzen. Zunächst einmal beteiligt sie sich aber am Wortdiktat und tippt wie ihre Mitschülerinnen »der Apfel, der Bruder, die Orange« in die Tasten. »Der Kurs hilft mir auch beim Deutschlernen.«

Und noch etwas weiß Al-Batat am »Digital Empowerment« zu schätzen: Das, was Projektleiterin Sarah Rüger als ganzheitlichen Ansatz beschreibt: Neben den Kursen machen die Frauen auch gemeinsame Ausflüge ins Museum, zu Konzerten und zu Beratungsstellen. »Ich finde es gut, in der Gruppe auch Unternehmungen zu machen«, sagt Al-Batat. Alleine traue sie sich nicht - und wüsste auch oft gar nicht von der Existenz der Einrichtungen.

Die meisten Frauen kommen regelmäßig zu den Kursterminen. Andere haben vormittags Deutschunterricht und kommen daher nur nachmittags. Mehrere Kinderwagen stehen im Raum, eine Frau hält ein Baby im Arm. Es ist explizit erwünscht, dass die Frauen ihre Kinder auch mitbringen können. Eine Mutter ist mit ihrer jugendlichen Tochter dabei. Einen festen Lehrplan gibt es nicht, die Inhalte werden individuell auf die Teilnehmerinnen zugeschnitten. Vier Trainerinnen, zum Teil selbst mit Fluchterfahrung, stehen ihnen zur Seite, außerdem Übersetzerinnen.

Entwickelt wurde das Projekt als Teil des Masterplans für Integration und Sicherheit, den der Senat im Mai 2016 beschlossen hatte, um die Integration von Geflüchteten zu unterstützen. 260 000 Euro stehen für das Projekt zur Verfügung. Duscha Rosen, Sprecherin des Frauencomputerzentrums, sagt: »Wir hoffen, dass es weitergeführt werden kann.«

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