Der IWF entscheidet über Griechenland

Eurogruppe beharrt weiter auf Teilnahme des Währungsfonds am Kreditprogramm

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 4 Min.

Diesen Montagabend werden einige europäische Spitzenpolitiker Richtung Washington DC schauen. Grund ist weniger die Frage, welche Kapriolen der neue US-Präsident Donald Trump sich wieder einfallen lässt. Das Motiv für die Anspannung liegt vielmehr einen knappen Kilometer vom Weißen Haus entfernt. Denn beim Internationalen Währungsfonds (IWF) beratschlagt man da zum Thema Griechenland. Je nachdem, wie dessen Exekutivdirektorium entscheidet, könnte die Eurokrise wieder aufflammen oder nicht.

»Das grundsätzliche Problem ist die Uneinigkeit der Geldgeber«, sagt Andrew Watt vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Dies mache es dem Land schwierig, eine Einigung mit den Gläubigern zu finden. Denn die Eurogruppe hätte gerne den IWF beim derzeit laufenden dritten Kreditprogramm für Athen mit an Bord. Dies hatten die Finanzminister der Währungsunion Ende Januar bei bei einem Treffen zuletzt noch mal deutlich gemacht. Doch obwohl die Laufzeit des im Sommer 2015 vereinbarten, 86 Milliarden Euro schweren Programms mittlerweile schon halb rum ist, konnte sich die internationale Organisation noch nicht bezüglich einer Teilnahme entscheiden.

Der Hauptknackpunkt zwischen dem IWF und den europäischen Institutionen ist die Einschätzung der Tragfähigkeit der griechischen Schuldenlast. Diese beläuft sich derzeit auf 311,2 Milliarden Euro beziehungsweise 176,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Laut einem jüngst an die Öffentlichkeit gelangten vertraulichen Bericht stuft der IWF die Verbindlichkeiten des Landes als »unhaltbar« und langfristig »explosiv« ein. »Selbst bei einer vollständigen Umsetzung der im (Rettungs-)Programm gebilligten Reformen werden die Staatsverschuldung und der Finanzbedarf langfristig explosiv werden«, heißt es in dem IWF-Bericht.

Schon seit längerem plädiert die internationale Organisation für einen Schuldenschnitt für das krisengeplagte südeuropäische Land. Auch spricht sich der IWF dafür aus, von Athen einen geringeren Haushaltsüberschuss zu verlangen. 3,5 Prozent vor der Zahlung von Schulden waren 2015 vereinbart. Der IWF will diese Marke auf 1,5 Prozent verringern.

Von solchen Erleichterungen wollen die europäischen Gläubiger wenig wissen. Denn der weitaus größte Teil der griechischen Schulden steht mittlerweile in ihren Büchern. Doch vor allem der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält an einer Teilnahme des IWF am Kreditprogramm fest. Die Eurogruppe habe stets betont, dass die finanzielle Beteiligung des Währungsfonds am Programm für Griechenland unerlässlich sei, hieß es vergangene Woche Medienberichten zufolge aus seinem Ressort. »Weitere Auszahlungen sind damit vom erfolgreichen Abschluss der Programmüberprüfung und der Beteiligung des IWF abhängig.«

»Schäuble glaubt offenbar, mit dem IWF an Bord mehr von Athen abverlangen zu können«, erklärt der Ökonom Watt das Festhalten Berlins an der Teilnahme der internationalen Institution am Programm. Denn der IWF fordert auf der einen Seite zwar Schuldenerleichterungen für Griechenland, auf der anderen Seite will er weitere Maßnahmen sehen. »Die griechische Volkswirtschaft bedarf einer weitreichenden Modernisierung«, forderten jüngst IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld und IWF-Europachef Poul M. Thomsen in einem gemeinsamen Beitrag weitere Reformen, vor allem bei den Renten.

In Athen ist man wegen solcher Verlautbarungen nicht gerade gut auf die Washingtoner Organisation zu sprechen. »Die griechische Regierung hat klar gesagt, dass sie keinen weiteren harten Maßnahmen für den Arbeitsmarkt zustimmen wird und dass sie im Voraus keine Austeritätsmaßnahmen für die Zeit nach 2018 auf den Weg bringt«, erklärte jüngst die griechische Außenministerin Eftychia Achtsioglou im Interview mit dem »nd«. Der IWF solle endlich entscheiden, ob und wie er am Programm teilnehme.
Dass die griechische Schuldenkrise an der Frage der IWF-Beteilung wieder eskalieren und Schäuble versuchen könnte, das Land aus der Eurozone zu drängen, wie es im Sommer 2015 schien, glauben Beobachter indes nicht. »Wenn er das tatsächlich versuchen würde, wäre das wahnsinnig gefährlich«, meint Watt und rechnet damit, dass man sich am Ende wahrscheinlich wieder auf einen Kompromiss einigen kann, bei dem alle Seiten das Gesicht wahren.

»Leider wird dieser vermutlich Griechenland wieder nicht bei der Bewältigung seiner Krise helfen«, überwiegt bei Watt jedoch der Pessimismus. Was das Land brauche, sei eine Perspektive, dass es endlich wieder bergauf gehe mit der Wirtschaft.

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