CSU weist Forderung nach humanitären Visa zurück

EuGH-Generalanwalt: EU-Staaten müssen Verfolgten Einreise genehmigen / Pro Asyl sieht »Sternstunde der Menschenrechte«

  • Lesedauer: 2 Min.

Luxemburg. Die Forderung des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH), verfolgten Menschen in EU-Botschaften Visa auszustellen, stößt in der CSU auf Kritik. Der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Michael Frieser, erklärte am Mittwochmorgen im Deutschlandfunk, man könne angesichts der weltweiten Konflikte nicht allen eine Route in den Schengenraum eröffnen. Ein EU-Visum gelte nicht nur für ein bestimmtes Land, so seine Begründung. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl begrüßte dagegen die Stellungnahme von Generalanwalt Paolo Mengozzi. Sollte der EuGH in dessen Sinne urteilen, wäre das eine »Sternstunde der Menschenrechte«.

Nach Einschätzung von Menggozzi müssen Menschen nach Europa einreisen dürfen, wenn ihnen Folter oder eine andere unmenschliche Behandlung droht. EU-Staaten dürften in solchen Fällen die Ausstellung humanitärer Visa nicht verweigern, argumentiert der Generalanwalt in einer am Dienstag in Luxemburg veröffentlichten Stellungnahme für den EuGH. Ein Urteil fällt erst zu einem späteren Zeitpunkt. Das Gutachten ist für den Gerichtshof nicht bindend, in den meisten Fällen folgt er ihm aber.

Im konkreten Fall geht es um ein syrisches Ehepaar aus Aleppo mit drei kleinen Kindern. Die Familie hat im libanesischen Beirut humanitäre Visa für Belgien beantragt, um dort Asylanträge stellen zu können. Humanitäre Visa gelten nur für einen oder mehrere Staaten des Schengen-Raums.

Doch kaum ein Migrant kann derzeit auf ein solches Papier hoffen. Die Familie aus Syrien berichtet von schrecklichen Erlebnissen, von Entführung und Folter. Als orthodoxe Christen seien sie zudem in Gefahr, wegen ihres Glaubens verfolgt zu werden, argumentiert die Familie.

Das belgische Ausländeramt lehnte die Anträge ab. Die Behörde ging davon aus, dass die Familie sich länger als die eigentlich mit einem Visum bewilligten 90 Tage in Belgien aufhalten wollte - schließlich wollten die Syrer dort Asylanträge stellen. Zudem seien die EU-Staaten nicht verpflichtet, alle Menschen, die eine katastrophale Situation durchlebten, bei sich aufzunehmen, hieß es.

Das lässt Generalanwalt Mengozzi nicht gelten. Da sich die Mitgliedsstaaten bei Visaentscheidungen auf eine EU-Verordnung stützten, gelte auch die EU-Grundrechtecharta. Darin wiederum sind die Rechte auf Asyl und das Verbot von »Folter oder unmenschlicher und erniedrigender Strafe oder Behandlung« festgeschrieben. Diese Rechte hätten die Behörden ohne jede räumliche Einschränkung zu wahren, so Mengozzi. Wenn Menschen in höchster Gefahr seien, müssten EU-Staaten ihnen die Einreise erlauben - unabhängig davon, ob es zwischen der betreffenden Person und dem Zielland eine Verbindung gibt. dpa/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal