Mögliche Diskriminierung reicht nicht für Schadenersatz

Urteil des Bundesarbeitsgerichts

  • Lesedauer: 2 Min.

Allein die Möglichkeit einer Diskriminierung reicht nicht dafür aus, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, das Gegenteil zu beweisen - so urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 26. Januar 2017 (Az. 8 AZR 736/15).

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz können Teilzeitkräfte bei der Vergabe von Vollzeitstellen in ihrem Betrieb verlangen, dass ihr Wunsch nach Aufstockung der Arbeitszeit vorrangig berücksichtigt wird - es sei denn, dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche stehen dem entgegen.

Im konkreten Fall hatte ein schwerbehinderter Kurierfahrer aus Hessen mit seiner Klage Pech. Der teilzeitbeschäftigte Mann hatte mehrfach erfolglos eine Aufstockung seiner wöchentlichen Stundenzahl beantragt. Der Arbeitgeber hatte zwar ein wöchentliches Stundenkontingent an mehrere Kurierfahrer verteilt, den Schwerbehinderten dabei aber nicht berücksichtigt.

Der Kläger vermutete, dass er wegen seiner Schwerbehinderung nicht länger arbeiten durfte. Er fühlte sich diskriminiert und verlangte, dass seine im Arbeitsvertrag geregelte wöchentliche Arbeitszeit um fünf weitere Stunden angehoben wird. Auch müsse der Arbeitgeber ihm Schadenersatz für den entgangenen Lohn zahlen. Das hessische Landesarbeitsgericht (LAG) sprach ihm insgesamt 8955 Euro zu. Mit der Nichtberücksichtigung des Schwerbehinderten liege ein Indiz für eine Diskriminierung vor. Der Arbeitgeber habe nicht das Gegenteil bewiesen.

Das BAG hob diese Entscheidung auf. Allein die Möglichkeit einer unzulässigen Benachteiligung wegen einer Behinderung reiche für eine Beweislastumkehr nicht aus. Die Vermutung einer Diskriminierung bestehe nur dann, wenn Indizien vorliegen, die mit »überwiegender Wahrscheinlichkeit« auf eine Benachteiligung schließen lassen. Dies war hier nicht der Fall.

Das Verfahren wurde an das LAG zu weiteren Tatsachenfeststellungen zurückverwiesen. epd/nd

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