Merkel bereitet Feld für mehr Abschiebungen

Kanzlerin schließt in Tunesien Rückführungsabkommen

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Tunis. Deutschland und Tunesien haben sich auf konkrete Schritte für eine deutlich schnellere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in das nordafrikanische Land geeinigt. Das teilte Kanzlerin Angela Merkel am Freitag nach einem Gespräch mit dem tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi in Tunis mit. Deutschland wolle Rückkehrer nach Tunesien zudem stärker als bisher unterstützen.

Die Neuregelungen sind auch eine Konsequenz aus dem Fall des islamistischen Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri. Der abgelehnte tunesische Asylbewerber hatte Mitte Dezember in Berlin zwölf Menschen getötet. Er war ausreisepflichtig, konnte aber nicht abgeschoben werden, weil tunesische Behörden die Papiere dafür zunächst nicht geschickt hatten.

Merkel sagte in Anwesenheit von Essebsi: »Wir haben vereinbart, dass die Beantwortung von deutschen Identifizierungsanfragen innerhalb von 30 Tagen erfolgt.« Deutschland wolle Tunesien helfen, ein entsprechendes Registrierungssystem aufzubauen. »Das bedeutet, dass die Ausstellung von Passersatzpapieren weniger als eine Woche dauern wird«, ergänzte die Kanzlerin. Essebsi sprach von einem guten Abkommen, das beide Seiten ausgehandelt hätten.

Unterdessen hat Bundesentwicklungsminister Gerd Müller in Tunesien ein Beratungszentrum für abgelehnte Asylbewerber und andere Rückkehrer eröffnet. Das erste von Deutschland geförderte Migrationsberatungszentrum in Nordafrika soll Rückkehrer bei der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen unterstützen und Unternehmensgründungen fördern, wie Müller am Freitag mitteilte. Menschen ohne Bleibeperspektive in Deutschland bekämen so eine Chance in ihrer Heimat. »Mit beruflicher und sozialer Reintegration muss keiner als Verlierer zurückkehren«, erklärte der Minister.

Das sogenannte Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration, das gemeinsam mit der tunesischen Arbeitsagentur betrieben wird, soll sicherstellen, »dass tunesische Rückkehrer aus Deutschland zielgerichtet betreut werden«, wie Müller erklärte. Das Ziel ist, noch in diesem Jahr 2000 Tunesier zu beraten.

Neben Rückkehrern auf Jobsuche richtet sich das Beratungszentrum in der Hauptstadt Tunis den Angaben zufolge aber auch an »potenzielle Migranten« in Tunesien und tunesische Migranten in Europa: Um Menschen von der gefährlichen Reise über das Mittelmeer abzuhalten, soll es über die »Gefahren der irregulären Migration« informieren und über Möglichkeiten der regulären Arbeitsmigration aufklären.

Zuvor hatte Merkel Ägypten Unterstützung im Kampf gegen Terrorismus und Hilfe bei Bewältigung der Flüchtlingslage zugesagt. Das Land habe 500 000 Menschen aus Syrien und noch weitaus mehr aus Sudan und anderen afrikanischen Ländern aufgenommen, sagte Merkel nach einem Treffen mit Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi in Kairo. Auf die Frage nach möglichen Auffanglagern für Flüchtlinge in dem Land sagte sie, an diesem Punkt der Diskussion sei man noch nicht. Agenturen/nd

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