Das Spiel zu weit getrieben
Guido Speckmann über Polens Isolation in der Europäischen Union
Ein Signal der Einigkeit sollte vom EU-Gipfel in Brüssel ausgehen. Doch die Polen spielten nicht mit. Wie ein trotziges Kind verweigerte die nationalkonservative Regierung die Zustimmung zur geplanten Gipfelerklärung, nachdem der von ihr strikt abgelehnte Donald Tusk zum EU-Ratspräsidenten gewählt worden war. Die EU hat einen weiteren Krisenherd.
Die Frage, was die polnische Regierungspartei PiS bewogen haben mag, ihrem liberalkonservativen Landsmann die Zustimmung zu verwehren, liegt im Persönlichen und Politischen. Für Parteichef Jaroslaw Kaczynski ist Tusk ein rotes Tuch, er macht ihn - ohne Beweise nennen zu können - für den Tod seines Zwillingsbruders verantwortlich. Politisch steht er für ein homogenes, souveränes, katholisches Polen, während Tusk sich am Liberalismus des Westens orientiert. Der heimliche Regierungschef Kaczynski will verhindern, dass Tusk ihm nach seinem Amt in Brüssel innenpolitisch in die Quere kommt. Außenpolitisch folgt er der Parole »Polen zuerst«. So hegt Kaczynski schon länger den Plan, die EU auf einen Binnenmarkt zu reduzieren, das Einstimmigkeitsprinzip wieder einzuführen und die Nationalstaaten zu stärken. Vor allem will er sich Einmischungen seitens der EU in die Innenpolitik verbitten. In Brüssel könnte die PiS-Regierung das Spiel nun zu weit getrieben haben, Polen steht isoliert da.
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