Beratungsbus tourt zu Jobcentern

Seit zehn Jahren erhalten Arbeitslosengeld-II-Empfänger Hilfe direkt vor Ort

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Kleinbus, ein paar Bistrotische, Infozettel - fertig ist die mobile Beratungsstelle. Am Montag begann die diesjährige Jobcentertour des Berliner Arbeitslosenzentrums (BALZ). Täglich bis auf mittwochs stehen Projektkoordinator Frank Steger und Kollegen von 8 bis 13 Uhr vor den Jobcentern, um Menschen unter dem Motto »Irren ist amtlich« zum Arbeitslosengeld II zu beraten, sie auf weitergehende Informationsangebote zu verweisen und ihnen im Umgang mit Sachbearbeitern zu helfen. Start ist dieses Mal in Tempelhof.

Zwei Frauen treten an einen der Bistrotische heran. Nach einem kurzen Gespräch verabschieden sie sich mit einem Informationsblatt in der Hand. »Wir hatten Fragen zum Wohngeld«, sagt eine der beiden Syrerinnen. Sie sind zufrieden: »Jetzt haben wir die Adresse für eine Beratungsstelle bekommen.«

Dabei tourt die mobile Beratung bereits seit zehn Jahren durch Berlin. Im August 2007 startete das Projekt der Berliner Wohlfahrtsverbände die erste Rundfahrt vor dem Jobcenter in Mitte. Damals gab es eine Kofinanzierung durch die Sozialverwaltung. Die damalige Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (LINKE) schickte das Mobil symbolisch auf seine seinerzeit drei Wochen dauernde Reise.

Am Montag begleitete wieder eine Sozialsenatorin der Linkspartei, dieses Mal Elke Breitenbach, den Saisonstart. Bereits der alte rot-schwarze Senat hatte nach Jahren des Spardiktats 2016 die Landesförderung des Beratungsbusses wieder eingeführt. Außerdem wurde das Angebot auf sieben Monate pro Jahr erweitert. Rund 3500 Menschen wurden beraten. Breitenbach bedankte sich bei Steger und Kollegen für ihre Arbeit in den vergangenen zehn Jahren. Sie habe den Bus über längere Zeit begleitet und dabei nicht nur einmal erlebt, wie Menschen tränenüberströmt aus dem Jobcenter herausgekommen seien. Für diese Menschen sei das Angebot besonders wichtig. Aber auch »Menschen mit prekären Arbeitsplätzen, die nicht von ihrer Arbeit leben und aufstocken müssen«, bräuchten eine unabhängige Beratung.

Deshalb habe der rot-rot-grüne Senat in seiner Koalitionsvereinbarung festgehalten, unabhängige Stellen unterstützen und finanzieren zu wollen. »Ich hoffe, wir können die Arbeitslosenberatung weiter ausbauen«, sagte Breitenbach.

Auch eine andere Baustelle hat sich der Senat vorgenommen: »Die Menschen müssen ihre Wohnung wieder bezahlen können.« Dafür sollen die Mietzuschüsse für Menschen im ALG-II-Bezug erhöht werden. Die neue Berechnung soll im Sommer beginnen, sobald der neue Mietspiegel vorliege.

Hermann Pfahler, Sprecher der Landesarmutskonferenz Berlin, die den Beratungsbus unterstützt, hofft, dass den Worten Taten folgen werden. »Wir werden den Senat regelmäßig an seine Vorhaben erinnern und notfalls auch Druck machen.« Steger hofft auf eine Trendwende in der Finanzierung der Arbeitslosenberatung durch Rot-Rot-Grün. »Oft haben Bezirksämter oder Gerichte ratsuchende Menschen an das BALZ verwiesen, weil sie selbst die Kapazitäten oder Kompetenzen nicht haben.« Finanziert hätte sich das BALZ aber seit 1997 rein privat. »Jetzt besteht die Chance, dass wir ab 2018 wieder öffentliche Mittel bekommen.«

Wo die Jobcentertour Halt macht, steht im Netz: www.beratung-kann-helfen.de/

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