Steuerentlastung für Zeitarbeitnehmer

Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen mit Folgen

  • Dr. Rolf Sukowski
  • Lesedauer: 3 Min.

Zeitarbeitnehmer, die »bis auf Weiteres« bei einem Entleiher eingesetzt werden, können trotzdem ihre Fahrten als Dienstreisekosten absetzen. Dies entschied das Finanzgericht Niedersachsen (Az. 9 K 130/16). Das bedeutet auch für Millionen Zeitarbeitnehmer eine deutliche Steuerentlastung. Mit dem Finanzgericht Niedersachsen hat sich endlich ein Gericht mit dieser für Leiharbeitnehmer wichtigen Thematik beschäftigt.

Fahrtkosten für Leiharbeiter als Dienstreisekosten absetzen

Viele Zeitarbeitnehmer werden »bis auf Weiteres« bei einem Entleiher eingesetzt. Das kann sogar über viele Monate oder auch mehrere Jahre hinweg so gehen. Statt der Entfernungspauschale können sie nunmehr die tatsächlich gefahrenen Kilometer, also auch die Rückfahrt, sowie eine Verpflegungspauschale ansetzen. Das ist für viele Leiharbeitnehmer eine deutliche Steuerersparnis.

Voraussetzung hierfür ist, dass der Zeitarbeitnehmer einen Vertrag mit folgender Regelung hat: Er muss mit einer jederzeitigen Umsetzung bzw. Versetzung - bundesweit - einverstanden sein. Eine Regelung, die üblich für die Branche ist.

In dem konkreten Streitfall hatte ein Helfer geklagt, der bei einer Leiharbeitsfirma beschäftigt war. Sein Einsatz bei einem Entleiher war von 2012 bis 2015 immer wieder verlängert worden. Im Streitjahr 2014 war er das ganze Jahr über dort tätig gewesen. Der Kläger hatte für 2014 seine Fahrten zwischen Wohnung und Entleihbetrieb als Werbungskosten geltend gemacht: Hin- und Rückfahrt mit 0,30 Euro je Kilometer abgesetzt: 209 Fahrten x 2 (Hin- und Rückfahrt) x 64 km (je Strecke) x 0,30 Euro (je km) - Gesamtsumme für 2014: 8025,60 Euro.

Das zuständige Finanzamt lehnte die Werbungskosten ab und erkannte nur die Entfernungspauschale an, also die Hälfte der Ausgaben: 4012,80 Euro. Das Finanzamt argumentierte mit dem seit 2014 geltenden »neuen Reisekostenrecht«. Dies definiert die »erste Tätigkeitsstätte«. Für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte kann nur die »Entfernungspauschale« abgerechnet werden.

In dem konkreten Fall erklärte die Finanzbehörde: Der Leiharbeitnehmer sei in 2014 »dauerhaft« der Entleihfirma zugeordnet gewesen. Deshalb handele es sich um die erste Tätigkeitsstätte. Folglich könne nur die Entfernungspauschale von der Steuer abgesetzt werden.

Das Finanzgericht Niedersachsen hob nunmehr diese Entscheidung auf und gab dem Leiharbeiter Recht. Nach Auffassung der Richter hätte der Zeitarbeitnehmer jederzeit mit seiner Umsetzung bzw. Versetzung rechnen müssen. Deshalb könne es sich nicht um eine dauerhafte Zuordnung zu dem Entleihbetrieb handeln.

Mehr noch: Aufgrund der gesetzlichen Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung sei bereits aus Rechtsgründen bei Leiharbeitsverhältnissen keine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb denkbar, heißt es in einer Presseerklärung des Gerichtes: »Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist nur eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zulässig.« Die Sache muss nun vor dem Bundesfinanzhof (Az. VI R 6/17) endgültig geklärt werden. Wichtig ist noch, dass die Entsendung eines Zeitarbeitnehmers ohne Verlängerung nicht länger als 48 Monate andauern darf.

Was können Leiharbeitnehmer jetzt tun?

Betroffene sollten bei der Steuererklärung 2016 folgendermaßen vorgehen: Setzen Sie als Fahrtkosten zur Einrichtung des Entleihers die tatsächlichen Kosten oder 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer an und zwar für Hin- und Rückweg. Waren Sie über 8 Stunden von zu Hause abwesend, können Sie eine Verpflegungspauschale von 12 Euro pro Tag ansetzen. Das Finanzamt wird diese Werbungskosten nicht anerkennen.

Legen Sie gegen den Steuerbescheid Einspruch ein, beantragen Sie das Ruhen des Verfahrens - wenn Sie nicht in Niedersachsen wohnen - und verweisen Sie auf den Musterprozess beim BFH. Bei der Steuererklärung, insbesondere aber bei dem Einspruchsverfahren helfen Ihnen auch Lohnsteuerhilfevereine gerne weiter.

Der Autor ist Leiter der Beratungsstelle der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e.V., Lohnsteuerhilfeverein, in Berlin.

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