Frankens »Luther« war schneller

Bodenstein schlug sogar 151 Thesen an Kirchentür

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Karlstadt. Die unterfränkische Stadt Karlstadt hat am Mittwoch eines ihrer berühmtesten und doch unbekanntesten Söhne gedacht: Andreas Rudolff Bodenstein (1485-1541), besser bekannt als »Dr. Carlstadt«. Der gebürtige Karlstadter schlug vor genau 500 Jahren, am 26. April 1517, an die Kirchentür zu Wittenberg 151 Thesen - und damit gut ein halbes Jahr vor Martin Luther (1483-1546), der 95 Thesen veröffentlichte. Die Göttinger Akademie der Wissenschaften stellte aus diesem Anlass die ersten beiden gedruckten Bände einer Gesamtausgabe der Briefe und Schriften des Reformators vor, während in Karlstadt am Mittwochvormittag Bodensteins gedacht wurde.

Bei der Veranstaltung in Karlstadt erinnerte der Historiker Philip Hahn, Assistent im Fachbereich Geschichtswissenschaft der Uni Tübingen, an Bodensteins reformatorisches Wirken. Er gab dabei einen Einblick in die Thesen von »Dr. Carlstadt«, der damals Professor an der Wittenberger Universität war. Bodenstein wandte sich in seinen Thesen - wie später auch Luther - gegen den Ablasshandel. Zudem war er gegen Bilder in der Kirche und führte eine deutschsprachige Abendmahlsliturgie ein. Im Jahr 1525 soll er laut Überlieferung in der Karlstadter St. Andreaskirche einen ersten evangelischen Gottesdienst gehalten haben.

Bodenstein unterstützte als Professor an der Theologischen Fakultät als einer der ersten Luthers Thesen. Weil sie ihm allerdings nicht weit genug gingen, zerstritten sich beide Männer bald. »Dr. Carlstadt« entwickelte deshalb seine eigene Theologie, die sich in mehreren Positionen von der Lehre Luthers erheblich unterschied. So forderte er unter anderem die Abschaffung der Heiligenbilder sowie der Kirchenmusik, die aus seiner Sicht die Menschen von der Andacht abhielten, und auch des Zölibats. Kurze Zeit stand er auch mit Thomas Müntzer in Verbindung, trat jedoch dem »Allstedter Bund« nicht bei, da er Gewalt als Mittel zur Durchsetzung der Reformation ablehnte. epd/nd

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