Müller setzt richtige Akzente nur auf Papier
Martin Ling über den deutschen Entwicklungsbericht
»Wir brauchen eine Entwicklungspolitik in völlig neuer Dimension, denn die Welt ist im Umbruch. Die Not, der Hunger, das Elend, die Perspektivlosigkeit treibt die Menschen in Richtung der reichen Zonen.« Diese Sätze von Entwicklungsminister Gerd Müller sind beispielhaft für den 15. Entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung. Richtig ist er in der Beschreibung der Probleme - ob Hunger, fehlende Bildungszugang oder mangelnde Gesundheitsversorgung in Ländern des Globalen Südens.
Selbst der Werkzeugkasten, den Müller und sein Ministerium zur Bewältigung der Herausforderungen anbieten, hat einige Instrumente zu bieten, die hilfreich für Entwicklung sind: Fairer Handel und die Stärkung lokaler Wertschöpfungsketten zum Beispiel. Nichts spricht theoretisch dagegen, den Maghreb-Staaten und Ägypten für den Export von Zitrusfrüchten in den nächsten zehn Jahren vollen und zollfreien Zugang zum EU-Binnenmarkt zu gewähren, wie Müller es vorschlägt, die EU es aber praktisch bisher unterbindet, um eigene Zitronenproduzenten zu schützen. »Wenn allein beim Kaffee die Wertschöpfung fair verteilt würde, hätte Afrika 500 Millionen Euro im Jahr mehr - jährlich«, sagt Müller und hat recht.
Was der Herz-Jesu-Sozialist übersieht oder übersehen will, ist dass Handel auf Länderebene immer Gewinner und Verlierer hervorbringt und nicht an Fairness orientiert ist: Die Handelsüberschüsse der einen sind die Handelsdefizite und die Verschuldung der anderen. Überschuss- und Gläubigerländer wie Deutschland stehen an der Spitze der Welthandelshierarchie und können mit ihrer Marktmacht unfaire Handelsbedingungen durchsetzen. Die Freihandelsabkommen unter Ungleichen sind das Sinnbild dafür.
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