Brexit und Geheimdienste

Wie gestaltet sich die Sicherheitskooperation Britanniens mit der EU?

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Reflexartig fordern verantwortliche Politiker nach Terroranschlägen härtere Gesetze oder neue Institutionen. Auf jeden Fall ist eine noch stärkere Kooperation der Geheimdienste und Polizeibehörden auf ihrer medialen Checkliste. Auch bei Stephan Mayer, dem innenpolitischen Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion. Zwar war es am Dienstagmorgen noch »zu früh, konkrete Rückschlüsse zu ziehen«, wohl aber war er im Deutschlandfunk »der Überzeugung, dass die Zusammenarbeit innerhalb Europas durchaus auch an der einen oder anderen Stelle noch verbessert werden kann«.

Im Falle von Großbritannien müsste er sogar hoffen, dass die bisherige Zusammenarbeit erhalten werden kann. Bereits bevor die Inselbürger mehrheitlich den EU-Austritt ihres Landes beschlossen hatten, warnten Jonathan Evans, ehemaliger Chef des Inlandsgeheimdienste MI 5, und John Sawers, ehemaliger Chef des Auslandsgeheimdienstes MI 6: »Unsere Fähigkeit zur Terrorabwehr werden sich verschlechtern.«

Ihre Argumentation war nicht so eindimensional, wie man glauben mag. Die beiden Experten verwiesen darauf, dass Geheimdienstarbeit große Datenmengen brauche, um Terroraktivitäten und Hackerangriffe zu verhindern. Um Zugriff auf solche Daten zu haben, brauche es den Austausch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. »Als EU-Mitglied können wir den Konflikt zwischen Sicherheitsinteressen und Datenschutz in unserem Sinne beeinflussen«, betonten Evans und Sawers. Nur so könne man von den Daten, die fließen, profitieren. Ohne britischen Einfluss dagegen würden EU-Entscheidungen über den Datenschutz zu restriktiv ausfallen.

Natürlich werden Bürgerrechtler diese Position zurückweisen. Sicher ist aber, dass innerhalb der EU in den vergangenen Jahren diverse Sicherheitskooperationen geschaffen wurden, durch die ein rascher Austausch von Erkenntnissen möglich ist. Und zwar unterhalb der strategischen Zusammenarbeit der Auslandsgeheimdienste. So soll die »Gruppe für Terrorismusbekämpfung« (CTG) in den Niederlanden eng mit den Kriminalämtern der EU-Partner zusammenarbeiten. Der Vorschlag zur Installation dieser »Plattform« kam nach den Anschlägen von Paris im November 2015 auf. Träger der CTG ist der sogenannte Berner Club, in dem sich Inlandsgeheimdienste aus EU-Mitgliedstaaten sowie aus Norwegen und der Schweiz organisiert haben. Seit gut einem Jahr betreibt EUROPOL ein »Europäisches Zentrum für Terrorismusbekämpfung« (ECTC). Auch das soll die »intensivere Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden« befördern, teilte die Europäische Kommission im vergangenen Jahr mit und versprach den weiteren Ausbau zu einem »Zentrum für gemeinsame operative Planung«.

Es wird auch von den bevorstehenden Brexit-Verhandlungen zwischen EU und Großbritannien abhängen, wie eng die Beziehungen beider Seiten künftig sein werden. Man wird sich verständigen, schließlich wollen die deutschen Dienste auch weiter von den britischen Kollegen darauf hingewiesen werden, wenn Hacker ins Netz des Bundestages eingestiegen sind.

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