»Ich bräuchte locker 20 Schulen«

Laut Stadtrat Kühne reichen die in Pankow geplanten neuen Bildungseinrichtungen nicht aus

  • Lesedauer: 3 Min.

In Pankow wird am meisten gebaut: Laut aktuellen Informationen bekommen Sie in den nächsten zehn Jahren sieben Neubauten, zwei davon in Schnellbauweise. Außerdem sollen sieben Modulare Ergänzungsbauten (MEB) entstehen. Warum reicht Ihnen das nicht?
Erst für zwei Neubauten sind konkrete Mittel eingestellt: in der Rennbahnstraße im Ortsteil Weißensee und in der Cotheniusstraße in Prenzlauer Berg. Bei beiden Vorhaben soll im ersten Schritt ein MEB eingerichtet werden, insofern überschneiden sich da schon mal MEB und Neubau. In der Heinersdorfer Straße in Blankenburg ist zwar die Grundstücksfrage geklärt, aber die Finanzierung nicht. Das sind also drei Standorte, an denen zeitnah mit dem Bau begonnen werden könnte.

Drei Standorte hört sich schon anders an als sieben plus sieben …
Bei den anderen Standorten ist die Grundstücksfrage noch nicht geklärt. Wenn Sie mich fragen, wie viele Schulen ich bräuchte, sage ich: 20 (lacht).

Torsten Kühne

Torsten Kühne (CDU) ist seit 2016 Schulstadtrat in Pankow. Zuvor war er hier fünf Jahre für Verbraucherschutz, Kultur, Umwelt und Bürgerservice verantwortlich. Der 41-Jährige wurde in Buch geboren und ging in Lichtenberg zur Schule. Er studierte Verkehrswesen und Physik und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut in Potsdam. Mit ihm sprach für »nd« Ellen Wesemüller.⋌

20 in den nächsten zehn Jahren?
Sagen wir mal bis 2030. Wir sind schon jetzt der größte Bezirk, der außerdem am stärksten wächst. Schon jetzt werden wir im Schuljahr 2024/25 gut 8000 Schüler mehr haben. Da bin ich schon locker bei 20 Schulen. Mir ist natürlich völlig klar, dass wir diesen Zuwachs nicht nur über Neubau abdecken können. Wir prüfen bei allen Sanierungsvorhaben, wo wir ausbauen können. Wir brauchen die Schulen auch da, wo Kinder wohnen, nicht am Stadtrand. Wir fahren mehrgleisig. Das entspannt die Situation etwas.

Wie erklären Sie sich, dass es zu so einer angespannten Situation kommen konnte? Hat der Bezirk geschlafen, was die Meldung der Schülerzahlenentwicklung angeht?
Das kann ich ausschließen, ich saß ja die letzten fünf Jahre mit am Bezirksamtstisch. Wir haben dem Senat sehr deutlich die Prognosen gemeldet und auf die Wachstumszahlen hingewiesen. Der letzte echte Schulneubau im Bezirk war jedoch Mitte der 90er Jahre, oben in Karow. Seitdem fangen wir den Zuwachs der Schüler mit dem Bestandssystem der Schulen auf.

Wer hat dann Schuld?
Ein Grundproblem ist, dass der Neubau neun Jahre dauert. Da müssen wir einfach schneller werden. Daran wird ja jetzt gearbeitet, das ist auch völlig richtig. Ein weiteres Problem ist die komplexe Zuständigkeit des Landes. Wenn Sie eine Schule neu planen, haben Sie es mit mindestens drei Senatsverwaltungen zu tun: Finanzen, Bildung und Stadtentwicklung. Manchmal noch Umwelt. Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.

Nur ein Gymnasium soll neugebaut werden - in Lichtenberg. Stört Sie das, als Christdemokrat?
Es stört mich als Pankower, weil ich den Bedarf kenne. Wir haben eine bildungsaffine Einwohnerschaft, unsere Pankower Gymnasien platzen aus allen Nähten. Wir könnten zusätzliche Gymnasiumstandorte verkraften. Mehr Sorgen machen mir aber die Grundschulen. Da muss ich ehrlicherweise sagen: Erst mal haben diese Schulen Priorität, da haben wir auch die gesetzliche Verpflichtung der wohnortnahen Versorgung.

Jeder Bezirk soll für den Schulneubau acht zusätzliche Stellen bekommen. Können Sie die eigentlich besetzen?
Ich hoffe, dass wir für den Hochbau sogar noch weitere Stellen bekommen. Ein größeres Problem ist aber tatsächlich, die Stellen adäquat zu besetzen. Wir merken den Fachkräftemangel. Gerade bei Ingenieuren und Architekten ist es schwierig. Auf Senatsebene werden ein bis zwei Besoldungsstufen mehr gezahlt - die Bezirksverwaltung ist hier am Ende der Nahrungskette. Die Senatsverwaltung, die Schulprojekte in Amtshilfe mit einer Landesgesellschaft realisieren will, wird aber vor derselben Herausforderung stehen, die Stellen mit Fachleuten zu besetzen.

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