Im Zweifel wird Facebook löschen
Robert D. Meyer zur Kritik am Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Idioten, die mit den simpelsten Regeln der zwischenmenschlichen Kommunikation auf Kriegsfuß stehen, gab es schon immer. Auch im Internet sind Hasskommentare und Äußerungen unterhalb der Gürtellinie kein Phänomen, was erst mit der Ära der Social-Media-Plattformen begann. Noch vor zehn Jahren spielte sich das gleiche Treiben in Foren ab. Nur reichten da im Kampf gegen Schreihälse auf den digitalen Marktplätze eine Handvoll Moderatoren, weil keine Plattform zwei Milliarden Nutzer hatte.
Dass Facebook sich gegen die Pläne von Heiko Mass wehrt, künftig strafbare Inhalte selbst juristisch prüfen und löschen zu müssen, ist richtig. Warum soll ein Privatunternehmen darüber entscheiden können (und müssen), was auf dem oft schmalen Grat noch unter Meinungsfreiheit fällt oder bereits eine strafbare Äußerung darstellt? Die wenigsten Fälle von Hasskomentaren dürften nach Lehrbuch als justiziabel eindeutiger Fall einzuordnen sein. Was passiert, wenn ein Nutzer sich für einen eigenen Beitrag satirisch von Jan Böhmermann oder »extra3« inspirieren lässt?
Facebook wird im Zweifel löschen, als ein Millionenbußgeld zu riskieren. Zwangsläufig erwischt es somit auch Äußerungen, die ein Gericht verhandeln müsste. Ob und wie Betroffene gegen eine mögliche Fehlentscheidung von Facebook vorgehen können, lässt der Gesetzentwurf aber offen.
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