Der Klimaschutz wird nicht ausgebremst

Der Austritt der USA aus dem Paris-Abkommen ist langwierig und wird den Rest der Welt kaum tangieren

  • Christian Mihatsch, Susanne Schwarz und Verena Kern
  • Lesedauer: 4 Min.

Die erste Abfuhr erteilte die UNO Donald Trump: Das Klimasekretariat der Vereinten Nationen teilte noch am Donnerstagabend mit, der Vertrag von Paris könne »nicht neu verhandelt werden aufgrund der Forderung einer einzelnen Vertragspartei«. Dies war die Reaktion der UN-Organisation, unter deren Dach alle Klimaverhandlungen laufen, auf die Äußerung des US-Präsidenten, er wolle das Abkommen neu verhandeln lassen.

Auch mit einem schnellen Austritt seines Landes wird es nichts werden: Das Pariser Weltklimaabkommen ist nämlich so geschrieben, dass ein Austritt - besonders ein so früher - sehr langwierig und schwer ist. Niklas Höhne, Leiter des Kölner New Climate Institute, glaubt sogar, dass die Hürde »genau für diese Situation« eingebaut wurde. Schließlich wusste man auch zur Vertragsschließung 2015 bereits, dass beim weltweit zweitgrößten Verschmutzer USA Wahlen anstehen - und dass ein republikanischer Präsident kein Klimaschutzfan sein würde. Kündigen darf man deswegen laut Artikel 28 des Vertragstextes ohnehin erst drei Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens, also nach dem 4. November 2016. Zusätzlich gibt es noch eine »Kündigungsfrist« von einem Jahr - der tatsächliche Austritt läge also im November 2020 und damit dicht bei den nächsten Präsidentenwahlen in den USA, die Donald Trump aus dem Amt befördern könnten. »Die Entscheidung, wieder rückgängig zu machen, wäre hingegen formal einfach«, meint der Klimaexperte. »Entweder könnte man das Austrittsgesuch schlicht zurückziehen oder aber den Paris-Vertrag nach vollendetem Austritt neu unterschreiben.«

Inwiefern der Schritt des US-Präsidenten sich auf die kommenden Klimaverhandlungen auswirken wird, ist umstritten. Manche Experten glauben, dass dies sogar förderlich sein kann. So sagte die frühere Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres: »Dies wird die unbeabsichtigte Folge haben, die Unterstützung (für das Abkommen) wachzurütteln.« Der schwedische Klimaforscher Johan Rockström verweist darauf, dass die Regierung um Trump den weiteren Prozess dann schließlich nicht mehr von innen blockieren kann. Zahlreiche Details der Umsetzung des Pariser Weltklimaabkommens müssen ja noch vereinbart oder weiterentwickelt werden. Bis Ende kommenden Jahres muss die Gebrauchsanleitung für das Abkommen ausgehandelt werden. Die Befürchtung war groß, dass die US-Administration mit am Tisch sitzen und alle Fortschritte bremsen. Darauf wird Washington nun wohl verzichten.

Höhne vom New Climate Institute glaubt zumindest nicht an einen Domino-Effekt - also dass der Klimaschutz in vielen anderen Staaten auch zurückgefahren wird. »Es gibt Länder wie Saudi-Arabien oder Russland, die ohnehin nicht viel Klimaschutz betreiben, auf die die US-Entscheidung folglich kaum Auswirkungen haben kann«, sagt er. Andere wie China und Indien hätten bereits angekündigt, dass sie in jedem Fall zu ihren Paris-Verpflichtungen stehen. »Als Wackelkandidaten könnten sich etwa Australien, die Philippinen und auch die EU entpuppen, aber das ist noch nicht gesagt«, so der Experte.

Das politische Signal der Entscheidung birgt aus Sicht von Höhne aber eine große Gefahr: »Das Bahnbrechende am Paris-Abkommen war, dass es wirklich von allen Ländern unterstützt wurde - allein dadurch gab es eine gewisse Verbindlichkeit. Wenn die USA aussteigen, bricht diese Argumentation zusammen.«

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht daher nun andere Staaten besonders in der Verantwortung. »Die EU und China müssen die internationale Klimapolitik vorantreiben - gemeinsam mit den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Staaten, die häufig Vorreiter beim Klimaschutz sind.« Und tatsächlich sollte beim EU-China-Gipfel am Freitag in Brüssel eine gemeinsame Erklärung zu dem Thema unterzeichnet werden.

Für den Klimaschutz insgesamt dürfte der Austritt der USA aus dem Paris-Abkommen daher keine allzu großen Folgen haben. Selbst Trumps neue Energiepolitik wird lediglich dazu führen, dass die CO2-Emissionen zwar nicht weiter sinken, wie es der »Clean Power Plan« der Obama-Ära vorsah, aber auf heutigem Niveau bleiben, schätzen die Forschungsinstitute des »Climate Action Tracker«.

Der britische Ökonom Frederik Dahlmann meint zudem unter Verweis auf zahlreichen Gutachte, dass ein Mangel an Klimaschutz die USA teuer zustehen kommen könnte. »Zu einer Zeit, in der erneuerbare Energien deutlich billiger werden und die Beschäftigtenzahlen in dem Sektor immer neue Rekorde brechen, verkennt der Präsident den offensichtlichen Wandel des globalen Energiesystems«, so der Professor von der Warwick Business School.

Kurzfristig hat die neue US-Klimapolitik aber doch Folgen - ausgerechnet für die ärmsten Länder der Welt: Trump hat angekündigt, kein weiteres Geld für die diversen Klimafonds zur Verfügung zu stellen. Nach eigenen Angaben steckten die USA derzeit 2,7 Milliarden Dollar pro Jahr in die finanzielle Unterstützung von Emissionsminderung und von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in den armen Ländern.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal