Empathisch
Personalie
Wenn nichts mehr geht, kommt Horst. Seit 1991 harrt die Resolution 690 der UNO zur Beilegung des Konflikts in der von Marokko besetzten Westsahara ihrer Umsetzung. Alle UN-Sonderbeauftragten schmissen früher oder später frustriert das Handtuch. Jetzt kommt Altbundespräsident Horst Köhler für den US-Diplomaten Christopher Ross. Ross hatte im Frühjahr nach acht Jahren im Amt seinen Rücktritt eingereicht und sah schon im Sommer 2010 kaum noch Chancen für eine erfolgreiche Konfliktvermittlung. Damit behielt er bisher recht.
Als Westsahara-Kenner per se ist Horst Köhler nicht bekannt, als ein Politiker mit einem großen Herzen für Afrika an sich durchaus. Bei seiner Antrittsrede als Bundespräsident 2004 hatte der vormalige Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) klar gemacht, dass Afrika ein Schwerpunkt seiner Präsidentschaft werden sollte. Daran hat sich Köhler gehalten und in vielen Reden den Politikern in Deutschland, der EU und der Welt ihr wenig konstruktives Handeln in Bezug auf den afrikanischen Kontinent ins Stammbuch geschrieben: Zölle, die den Import afrikanischer Waren behindern, Exportsubventionen, die afrikanische Produzenten auf ihren heimischen Märkten chancenlos lassen, Fischereiverträge der EU, mit denen Afrikas Küsten leergefischt werden und die die afrikanischen Fischer mangels Einkommensalternativen zum Flüchtlingsexport auf ihren Nussschalen motivieren. Einer dieser Fischereiverträge erlaubt der EU - geschlossen mit Marokko - die Fischgründe vor der Küste der Westsahara zu plündern - einem Gebiet, das Marokko laut UNO widerrechtlich besetzt hält. Gegen diesen marokkanischen Anspruch kämpft seit Spaniens Rückzug 1975 die Befreiungsbewegung Polisario. Sie will die Unabhängigkeit für die Westsahara. Die Polisario hatte schon im April ihre Zustimmung zu Köhler gegeben.
Für den 74 Jahre alten Köhler ist die Berufung durch die UNO eine Rückkehr in die aktive Politik. 2010 war er als Bundespräsident frustriert zurückgetreten wie im Frühjahr sein Westsahara-Vorgänger Ross.
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