Wolbergs mit reinem Gewissen
Regensburg: Ermittlungen im Korruptionsskandal vor dem Abschluss
Seit fast genau einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft Regensburg gegen den inzwischen suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) wegen Bestechlichkeit. Ebenfalls im Visier der Behörde: ein Bauunternehmer, einer von dessen ehemaligen Mitarbeitern sowie der frühere Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion, Norbert Hartl. Nun stehen die Ermittlungen kurz vor dem Abschluss, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag.
Bis Jahresmitte sollten Ergebnisse vorliegen, hatte es geheißen. Die Prognose soll eingehalten werden. Doch zunächst müssten erst die Betroffenen informiert werden und dann die Öffentlichkeit, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Vom Abschluss ausgenommen seien die Ermittlungen gegen den Regensburger Alt-Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU) sowie zwei weitere Bauträger. Diese dauerten an.
Hauptakteur in der Affäre ist der inzwischen suspendierte Oberbürgermeister Wolbergs. Ihm wirft die Anklagebehörde Bestechlichkeit vor. Er soll eine Baufirma bei der Vergabe eines früheren Kasernenareals im Oktober 2014 bevorzugt haben. Im Gegenzug soll der Geschäftsführer an die Regensburger SPD Spenden in sechsstelliger Höhe gezahlt sowie Wolbergs und ihm nahestehenden Personen geldwerte Vorteile verschafft haben.
Auch der Fußballverein Jahn Regensburg geriet in den Sumpf. Der Bauunternehmer soll auch hier viel Geld hineingesteckt haben - was Teil der Vereinbarungen zwischen dem Rathaus-Chef und dem Unternehmer gewesen sein soll. Inzwischen ist der protegierte Verein in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Ein sportlicher Erfolg mit leichtem Beigeschmack.
Wolbergs hat die Vorwürfe gegen sich stets zurückgewiesen. Direkt nach Bekanntwerden der Ermittlungen vor einem Jahr hatte er den Rechtsreferenten der Stadt, Wolfgang Schörnig, ausrichten lassen: »Herr Wolbergs hat mir gesagt, er habe ein reines Gewissen und fühle sich völlig zu Unrecht in den Anfangsverdacht gerückt.« Im Januar kam der OB vorübergehend in U-Haft und wurde vorläufig seines Dienstes enthoben.
Die SPD-Stadtratsfraktion stellte sich neu auf, nachdem Hartl im März von seinen Ämtern zurück- und Ende April aus der Fraktion austrat. Sein Nachfolger Klaus Rappert sagte: »Wir machen die Sacharbeit weiter und hoffen, dass bald Klarheit geschaffen wird.« Die Ermittlungen sieht er losgelöst von der Arbeit in der Fraktion.
Wolbergs hatte Ende März nach massivem Druck aus seiner Partei angekündigt, seine Ämter im SPD-Landesvorstand, als Vizebezirksvorsitzender und Unterbezirksvorsitzender ruhen zu lassen. Er holte zum Rundumschlag gegen Medien, Justiz und »manche vermeintliche politische Weggefährten« aus. Schriftlich beklagte er sich über »ehrenrührige Verdächtigungen«, »permanente Falschmeldungen« und »bewusst gestreute Lügen«. Der 46-Jährige beteuerte erneut seine Unschuld: »Ich war und bin nicht käuflich.« Schon bald wird sich zeigen, ob die Staatsanwaltschaft das genauso sieht - oder ob sie Anklage erhebt. dpa/nd
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