Zensur eines Gutachtens?

Auch eine Kommission kann Streit um Direktorin des Thüringer Landtags nicht beenden

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch nachdem eine eigens eingesetzte Kommission zur Bewertung der Zensurvorwürfe gegen Landtagsdirektorin Birgit Eberbach-Born ihre Arbeitsergebnisse präsentiert hat, geht der Streit um die leitende Beamtin weiter. Die Vorsitzende der LINKE-Fraktion im Thüringer Landtag, Susanne Hennig-Wellsow, warf den drei Kommissionsjuristen am Mittwoch in Erfurt vor, ein Gefälligkeitsgutachten für Landtagspräsident Christian Carius (CDU) geschrieben zu haben. »Die Kommission konnte nur zu diesem Ergebnis kommen, weil sie genau dafür eingesetzt worden ist«, sagte sie. Unmittelbar zuvor hatte der Vorsitzende der Kommission, Herbert Landau, ein ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, erklärt, die Vorwürfe gegen Carius und Eberbach-Born seien haltlos. Auch die beiden anderen Mitglieder der Kommission - der ehemalige Direktor beim Deutschen Bundestag Wolfgang Zeh sowie der ehemalige Thüringer Innenminister Richard Dewes - äußerten sich ähnlich.

Mehrere Abgeordnete der rot-rot-grünen Fraktionen hatten Eberbach-Born vorgeworfen, sie habe den Entwurf eines Gutachtens des wissenschaftlichen Dienstes des Landtages zensiert. Hennig-Wellsow hatte deshalb sogar ihre Ablösung verlangt. Das fragliche Gutachten war auf Grundlage eines Auftrages der rot-rot-grünen Mehrheit im Innenausschuss des Parlaments entstanden. Dieser hatte von der Landtagsverwaltung verlangt, eine Erwiderung auf die Klage der CDU-Landtagsfraktion gegen das - inzwischen für verfassungswidrig erklärte - Vorschaltgesetz zur Gebietsreform zu erarbeiten. In diesem Gutachten hatte Eberbach-Born einerseits Streichungen vorgenommen. Andererseits soll sie dafür verantwortlich sein, dass in dem fertigen Gutachten auch die Argumente der CDU auftauchten.

Landau erklärte, der Zensur-Vorwurf gegen Eberbach-Born sei schon deshalb abwegig, weil es in einer Behörde wie der Landtagsverwaltung keine Zensur geben könne. In einer Behörde unterlägen alle Mitarbeiter dem Weisungsrecht ihrer Vorgesetzten. Diese Befugnis habe Eberbach-Born wahrgenommen. Es gebe auch keinen Grund anzunehmen, Carius oder Eberbach-Born hätten ihre Neutralitätspflichten verletzt. Deshalb sei es nach Meinung der Kommission nicht zulässig, einen Untersuchungsausschuss des Landtags einzusetzen, um die Vorwürfe aufzuklären.

Anders als Hennig-Wellsow reagierte Carius positiv auf die Arbeit der Kommission. Diese habe juristische Detailfragen geklärt, die über die Grenzen Thüringens hinaus bedeutsam seien. SPD-Abgeordneter Uwe Höhn, Vizepräsident des Landtags, sagte, er fühle sich in seiner Kritik an Eberbach-Born bestätigt, da die Kommission empfehle, Prozessbevollmächtige einzusetzen, wenn Fraktionen sich einen Rechtsstreit liefern.

Was die Kommission den Steuerzahler gekostet hat, wollte ein Sprecher des Landtages nicht genau sagen. Über die Details der Vergütung sei Stillschweigen vereinbart worden. Die Honorare der Kommissionsjuristen hätten sich aber »an den Tarifen des öffentlichen Dienstes orientiert«. Gemessen daran, was Bundesrichter, Bundestagsdirektoren und Landesminister üblicherweise verdienen, dürften sich die Gesamtkosten damit auf eine Summe im mittleren bis oberen fünfstelligen Bereich belaufen.

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