Noch mehr Tote bei Flüchtlingsunglücken im Mittelmeer

Helfer befürchten bei drei gekenterten Booten mehr als 200 Opfer / Überlebende berichten von Diebstahl der Bootmotoren durch Schlepper

  • Lesedauer: 2 Min.

Update 16.50 Uhr: Noch mehr Tote bei Flüchtlingsunglücken im Mittelmeer befürchtet

Bei drei Flüchtlingsunglücken im Mittelmeer sind in den vergangenen Tagen vermutlich mehr Menschen umgekommen als zunächst angenommen. Zusätzlich zu einem Unglück mit wahrscheinlich 129 Toten sei ein Boot mit 85 Menschen an Bord in zwei Teile gebrochen und untergegangen, teilte die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR am Dienstag mit. Auf dem Schiff, das letzte Woche in Libyen abgelegt habe, seien viele Familien mit Kindern gewesen. Allerdings wisse man nicht, ob einige der Vermissten eventuell gerettet oder nach Libyen zurückgebracht worden seien, sagte eine Sprecherin. Dort seien Tote am Strand angespült worden.

Nach einem dritten Vorfall seien zudem sieben Menschen gestorben oder werden vermisst. Auch dieses Schiff sei vergangene Woche in Libyen losgefahren.

Die zentrale Mittelmeerroute von Libyen nach Italien gilt als eine der gefährlichsten. In diesem Jahr kamen bereits rund 2000 Menschen ums Leben oder werden vermisst. Die Berichte von Toten und Verletzten basieren oft auf Erzählungen von Überlebenden oder Rettern. Auf ein Schlauchboot pferchen die Schlepper oft mehr als 120 Menschen.

Offenbar noch mehr als 120 Menschen im Mittelmeer ertrunken

Rom. Bei einem neuen Flüchtlingsunglück im Mittelmeer könnten nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehr als 120 Menschen ums Leben gekommen sein. Überlebende hätten bei der Ankunft in Palermo auf Sizilien von möglicherweise 126 Toten berichtet, schrieb IOM-Sprecher Flavio di Giacomo am Montag auf Twitter. Am Wochenende waren bei zahlreichen Operationen tausende Migranten von seeuntüchtigen Booten geborgen worden.

Vier Überlebende hätten erzählt, dass Schlepper ihnen den Motor des Bootes gestohlen hätten. Demnach stoppten Menschenschmuggler das Boot und raubten den Außenbordmotor. Danach füllte sich das völlig überfüllte Boot rasch mit Wasser und ging unter.

Libysche Fischer hätten die vier Überlebenden – zwei Sudanesen und zwei Nigerianer – mitgenommen und auf ein anderes Flüchtlingsboot gebracht, von dem sie schließlich gerettet worden seien. Die vier Geflüchteten seien wohlauf, sagte der IOM-Sprecher Giacomo, der sich auf die Angaben der zwei Sudanesen stützte.

Die zentrale Mittelmeerroute von Libyen in Richtung Italien gilt als gefährlichster Seeweg von Afrika nach Europa. Mehr als 1800 Menschen kamen laut IOM seit Jahresbeginn ums Leben oder werden vermisst, das neue Unglück wurde darin noch nicht eingerechnet. Agenturen/nd

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