»Im Kern antisemitisch«

Annina Schmidt vom Jungen Forum der »Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V.« über das breite Bündnis zum Protest auf dem Ku’damm gegen den Al-Quds-Marsch

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Freitag findet die Demonstration gegen den Al-Quds-Marsch auf dem Kurfürstendamm statt. Unter dem Motto »Gegen Antisemitismus, Homophobie und islamistischen Terrorismus – Solidarität mit Israel und der iranischen Demokratiebewegung!« mobilisiert ein breites Bündnis aus Parteien – von LINKE bis CDU – sowie zivilgesellschaftlichen Gruppen zum Protest. Wer steckt hinter der jährlich stattfindenden Antisemiten-Demo?
Der Al-Quds-Tag wurde nach der so genannten islamischen Revolution im Iran 1979 von Ayatollah Khomeini als globaler Kampftag zur »Befreiung« Jerusalems – also gegen die Juden in Jerusalem und Israel ausgerufen. Seit 1996 findet der antisemitische Al-Quds-Tag jährlich auch in Berlin statt. Vereint in ihrem Antisemitismus, der sich als Hass auf Israel äußert, schließen sich Anhänger der islamistischen Hisbollah und des iranischen Regimes, Neonazis, Antisemiten aller Couleur bis hin zu antiimperialistischen Linken dem Aufruf zum Al-Quds-Marsch an.

Warum ist es wichtig, jedes Jahr wieder gegen den Marsch auf die Straße zu gehen?
Wir stellen uns Antisemitismus entgegen, ob er als offener Judenhass oder im Mantel des »Antizionismus« daherkommt. Antizionismus bestreitet und bekämpft das Existenzrecht des jüdischen Staates. Das können wir nicht hinnehmen. In den letzten Jahren waren während des Al-Quds-Marsches immer wieder Terrorverherrlichungen und Hassbotschaften gegen Israel und Juden zu hören – Rufe wie »Tod Israel« und »Juden ins Gas«. Das ist nichts anderes als Volksverhetzung. Antisemitismus und Israelhass dürfen keinen Platz haben, vor allem nicht auf den Straßen Berlins. Der Al-Quds-Tag ist im Kern antisemitisch und zielt auf ein Jerusalem ohne Juden und die Vernichtung Israels und seiner jüdischen Bevölkerung ab. Jede Vernichtungsdrohung gegen Juden, egal ob sie sich in Deutschland oder Israel befinden, richtet sich gleichzeitig gegen unsere freiheitlich demokratischen Werte, gegen unsere Gesellschaft. Während das iranische Regime bis heute am Al-Quds-Tag zur Vernichtung Israels aufruft, unterstützt und finanziert es Terror weltweit und tritt die Menschenrechte im eigenen Land mit Füßen. Andersdenkende, Andersgläubige, Frauen, Homosexuelle und nationale Minderheiten werden unterdrückt, verfolgt und ermordet. Dem gilt es so deutlich wie möglich zu widersprechen. Wir rufen alle Berlinerinnen und Berliner zur Gegendemonstration auf.

Annina Schmidt

Annina Schmidt ist stellvertretende Vorsitzende des Bundesvorstands im Jungen Forum (JuFo) der »Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V.« Das JuFo Berlin ist Teil des Bündnisses gegen den Al-Quds-Tag. Für »nd« sprach Jérôme Lombard mit der 24-Jährigen über die Demonstration, die Gegenproteste und darüber, warum die Veranstaltung verboten werden sollte.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat angekündigt, israelfeindliche und antisemitische Parolen mit strengen Auflagen zu unterbinden. Arabischsprachige Polizisten sollen die Situation im Blick behalten und bei Verstößen sofort einschreiten. Sind Sie zuversichtlich, dass es durch diese Maßnahme in diesem Jahr zu keinen volksverhetzenden Ausfällen kommen wird?
Der antisemitische Charakter des Al-Quds-Tages ist zentraler Bestandteil des Marsches. Wenn dieses Hassfest schon nicht verboten wird, so sollte das zumindest für antisemitische Parolen und das Zeigen von Symbolen und Fahnen terroristischer Organisation wie der Hamas und der Hisbollah gelten. Diese Gruppen sind nicht an Frieden interessiert und haben Zivilisten auf dem Gewissen. Wir hoffen daher, dass die Sicherheitskräfte bei Verstößen unmittelbar durchgreifen und gegebenenfalls den Al-Quds-Marsch vorzeitig abbrechen.

Die Jüdische Gemeinde beklagt, dass der Aufzug Mitschuld am Anstieg antisemitischer Übergriffe in Berlin hat. Warum ist der Al-Quds-Marsch immer noch nicht verboten?
Es heißt immer wieder, dass ein Verbot des Al-Quds-Marsches aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei. Das sehen wir anders. Eine Demonstration, die letztendlich nichts anderes als antisemitische Hetze beinhaltet und verbreitet, hat nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun und gehört schlicht und einfach verboten. Antisemitismus ist eben keine Meinungsäußerung wie jede andere. Seine manifeste Form – wie auf dieser Demonstration – zeigt uns, dass der Kampf gegen modernen und israelbezogenen Antisemitismus noch immer nicht ernst genug genommen wird.

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