Wir brauchen eine neue »Klassenpolitik«

Der Jenaer Soziologe Klaus Dörre über rechtspopulistische Erfolge unter Arbeitern - und wie man diesen begegnen kann

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. In der Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen Parteien in Europa fordert der Jenaer Soziologieprofessor Klaus Dörre eine offensivere Gangart der »sozialdemokratischen« und »Mitte-links«-Parteien. »Arbeiter, die zum Rechtspopulismus neigen, sehen für sich geringe Chancen im Verteilungskampf mit einem 'Oben' und werden so anfällig für eine Umdeutung dieser Konflikte nach den Kategorien 'Innen' und 'Außen'«, sagt Dörre im »nd«-Interview.

Kern solcher Stimmungen sei ein »verletztes Gerechtigkeitsempfinden«: »Jahrzehnte haben sie gehört, dass es unumgänglich sei, an ihnen zu sparen - und dann stoßen sie etwa in der Bundesrepublik plötzlich auf die ja zunächst emphatisch aufgenommene Fluchtbewegung. Und plötzlich geht vieles, was vorher nicht ging.«

»Unsicherheit und Angst« spielten dabei eine Rolle, man finde derartige Orientierungen »aber auch bei Arbeitern mit relativ gutem Einkommen in vergleichsweise sicheren Verhältnissen.« Viele Arbeiterinnen und Arbeiter fühlten sich in ihren Verhältnissen gefangen und hätten keine Aufstiegshoffnungen mehr. Solche Selbstwahrnehmungen fügten sich »auch deswegen so gut in Deutungsmuster von 'Innen' gegen 'Außen', weil es gegenüber dem 'Oben' kein positives Selbstbewusstsein gibt, keinen kollektiven Produzentenstolz«.

Um dem zu begegnen, plädiert Dörre für eine »populare Klassenpolitik«, für die sozialdemokratische Führer wie Bernie Sanders und Jeremy Corbyn ein Vorbild sein könnten, aber auch »die Schweizer Sozialdemokratie, die sich jüngst eine wirtschaftsdemokratische Agenda gegeben hat, die über die Programmatik der deutschen Linkspartei hinausgeht«.

Auch in der Sozialwissenschaft sei angesichts der Entwicklungen der vergangenen beiden Jahrzehnte eine neue Hinwendung zur Kategorie »Klasse« unumgänglich: »Wünschenswert wäre ein großer Sonderforschungsbereich, der interdisziplinär an einer zeitgemäßen sozialwissenschaftlichen Klassenkonzeption arbeitete.« nd

Das komplette Interview lesen Sie in der Freitagsausgabe von »neues deutschland«.

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