Zu wenig Zuspruch für die Mifa-Fahrräder

Die Beschäftigten des Sangerhausener Herstellers müssen weiter um ihre Arbeitsplätze bangen

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.

In diesen schweren Zeiten erhalten die Mitarbeiter von Mifa immerhin Zuspruch von zufriedenen Kunden. Auch wenn es vor dem Hintergrund des drohenden Verlusts ihrer Arbeitsplätze für die Beschäftigten des traditionsreichen Zweiradherstellers nie genug Zuspruch geben kann. Leider haben die Mifa-Fahrräder zudem trotz der langen Geschichte des Unternehmens aus Sangerhausen (Sachsen-Anhalt) in der jüngsten Vergangenheit nicht so viele Kunden gefunden, dass durch Verkäufe eine erneute Insolvenz hätte vermieden werden können.

Schon mehrfach ist das Unternehmen nach der Wende pleite gegangen. Zuletzt eben Anfang 2017. Das hatte etwa auf der Facebook-Seite des Unternehmens viele Mifa-Unterstützer in den vergangenen Tagen zu aufmunternden Worten bewegt: »Ich drücke euch die Daumen, dass die Verhandlungen mit dem potenziellen Investor zu einem positiven Abschluss kommen. Alles andere wäre eine riesige Tragödie.« »Habe drei Fahrräder von euch. Tut mir echt leid. Drücke euch ganz fest die Daumen!« »Die allerbesten Wünsche für die kommenden Tage! Alle Daumen werden gedrückt, damit es weitergeht. Mein Mifa-Pedelec ist toll, und es wäre wirklich bitter, wenn die Produktion beendet würde.«

Solcher Zuspruch freilich dürfte bei den Mitarbeitern jenes Wechselbad der Gefühle, das sie seit Wochen durchleben, noch wechselhafter gemacht haben. In der aktuellen Insolvenz gab es immer wieder Nachrichten, Meldungen und Fristen, die dann doch nicht mehr gelten sollten. Was mal gut, mal schlecht für die Beschäftigten war.

Beispielsweise hieß es bis vor wenigen Tagen, die Produktion müsse stillgelegt werden, wenn sich bis Ende Juni kein Investor für das Werk finde, dessen etwa 17 Millionen Euro teure Werkhalle erst vor wenigen Monaten in Betrieb genommen worden war. Insolvenzverwalter Lucas Flöther hatte eine entsprechende Ankündigung im Mai auf einer Gläubigerversammlung gemacht. Nun aber soll die Frist nicht mehr gelten, die laufenden Gespräche mit einem potenziellen Investor sollten fortgesetzt werden, teilte Flöther mit. Er sei zuversichtlich, dass sie in absehbarer Zeit zum Abschluss eines Kaufvertrages führten. So weit, so gut für die Beschäftigten.

Trotzdem haben die verbliebenen etwa 130 Mitarbeiter bereits ihre Kündigungen zu Ende Juni erhalten. Das zeigt, dass die Gespräche mit dem potenziellen Investor auch aus Sicht Flöthers noch scheitern können und der Insolvenzverwalter so nötige Fristen wahrt, um das Unternehmen abwickeln zu können, wenn auch dieser Plan scheitern sollte.

In der Vergangenheit hatte Flöther zwar immer wieder betont, er sehe eine Zukunft für das Unternehmen und werde für den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze nichts unversucht lassen. Allerdings hatte er nie einen Zweifel daran gelassen, dass er gleichzeitig die Interessen der Gläubiger zu sichern habe und daher auch harte Einschnitten vornehmen werde.

Mifa-Fahrräder waren im Insolvenzverfahren nach einer Mitteilung Flöthers vom April mit einem 25-Prozent-Rabatt verkauft worden. So sollten die Lager des Unternehmens geräumt werden. »Der Rabatt gilt für alle angebotenen Modelle und Marken - auch auf bereits reduzierte Ware«, hieß es damals - was die Dramatik der Situation anschaulich verdeutlichte. Und eben das Grundproblem des Unternehmens beschreibt, das 1907 als Familiengesellschaft gegründet worden war und von dem später die berühmten DDR-Klappfahrräder gebaut worden waren: Bei aller Tradition erfahren Mifa-Räder seit der Wende zu wenig Zuspruch.

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