Google kauft sich einen guten Ruf

Studie: Konzern finanziert lobende Wissenschaftler

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.

Der US-Suchmaschinenbetreiber Google unterstützt Professoren mit Stipendien. Dieser nicht ungewöhnliche Vorgang hat einen Haken: Wie das »Wall Street Journal« kürzlich berichtete, werden mit Summen zwischen 5000 und 400 000 Dollar Forscher unterstützt, die das Verhalten von Google in wissenschaftlichen Publikationen verteidigen. Dabei geht es um die dominierende Marktstellung wie auch um das Sammeln von Daten, die Bevorteilung von Suchergebnissen und um Patentstreitigkeiten mit Apple, Oracle und Microsoft.

Google wird für 63 Prozent der Suchvorgänge im Internet genutzt, bei mobilen Geräten sind es sogar 90 Prozent, so die Marktforscher von comScore. Andere Quellen geben den Gesamtanteil sogar mit 90 Prozent an. Zudem wird das Google-Betriebssystem Android bei den meisten Smartphones verwendet. Kritiker werfen Google eine Monopolstellung vor. Die EU hat kürzlich ein Rekordbußgeld von 2,42 Milliarden Euro gegen Google verhängt, das bei Suchergebnissen den eigenen Einkaufsdienst gegenüber Wettbewerbern bevorzugt behandelte.

Die Stipendien sind in den USA indes nicht illegal. Sie können jedoch zu einem Problem werden, wenn die betroffenen Forscher einerseits ihre Einnahmen offenlegen und andererseits erklären müssen, dass ihre Ergebnisse nicht beeinflusst worden sind. Juraprofessor Paul Heald von der Universität Illinois hat die Zuwendungen laut »Wall Street Journal« nicht öffentlich gemacht. Die Zeitung beruft sich jedoch auf öffentliche Dokumente. Heald gab daraufhin an, dass die Nichtveröffentlichung ein peinliches Versäumnis gewesen sei. Google habe seine Arbeit mit der Zahlung von 18 830 Dollar jedoch nicht beeinflusst.

Der Konzern lässt Ideen zu Projekten von Forschern überprüfen und nutzt deren Erkenntnisse für Verhandlungen mit den Behörden. Eine solche bezahlte Forschungsarbeit hat Google 2012 vor einer Ermahnung durch die Federal Trade Commission bewahrt, der Aufsichtsbehörde für die Telekommunikation, wie es beim »Wall Street Journal« heißt. Demnach hätten Mitarbeiter der Kommission Verstöße gegen Wettbewerbsrecht erkannt, seien aber von den Mitgliedern der Kommission nach umfangreicher Lobbyarbeit durch Google überstimmt worden.

Der Suchmaschinenbetreiber sieht jedoch kein Fehlverhalten und verweist auf die seit der Unternehmensgründung an der Universität Stanford bestehenden engen Beziehungen zu Hochschulen. So würden IT- und Politikwissenschaftler dabei unterstützt, ein offenes Internet zu fördern.

Das »Wall Street Journal« hat bei seinen Recherchen mit der nicht gewinnorientierten Organisation Campaign for Accountibility (CfA) zusammengearbeitet. Gemeinsam wurden wissenschaftliche Veröffentlichungen über Google untersucht. Der Konzern weist seinerseits darauf hin, dass die CfA von Oracle und anderen Wettbewerbern finanziert werde. Leslie Miller, Direktorin für Public Policy bei Google, bezeichnete die Ergebnisse als missverständlich. So habe man etwa Forschungen nicht als Drittpartei, sondern als Beteiligter finanziert. »Unsere Vorstellungen eines freien Internets werden von vielen Akademikern geteilt«, ergänzte sie.

Die CfA hält dem entgegen: »Wann immer Google eines Fehlverhaltens beschuldigt wird, zeigt es mit dem Finger auf jemand anderen«, sagte CfA-Chef Daniel Stevens. Google solle nicht die Vorwürfe abwehren, sondern sich mit der eigenen Scheinwissenschaft auseinandersetzen, die an die Tabak- und Ölbranche erinnere.

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