Land unter im Norden und Osten

In Marzahn fiel in einer Stunde mehr Regen als sonst im ganzen Monat Juli

  • Nicolas Šustr und Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Es wird langsam fast zur Normalität in der Hauptstadt. Nach einem schweren Gewitter mit Starkregen ist am Samstagnachmittag erneut der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Straßen wurden überspült, Keller liefen voll und Bäume stürzten um. Während des Ausnahmezustandes von 15 bis 21.30 Uhr fuhr die Feuerwehr zu 435 wetterbedingten Einsätzen.

Das Unwetter konzentrierte sich auf den Norden und Osten der Stadt. Spitzenreiter bei der Regenmenge war Marzahn. Dort fielen nach Auskunft der Berliner Wasserbetriebe (BWB) in etwas über einer Stunde 53 Liter Regen pro Quadratmeter. Im langjährigen Mittel fallen im gewsamten Juli in der Hauptstadt in der Regel nur 48 Liter Regen pro Quadratmeter. »In Marzahn ist aufgrund der Wassermassen auch unser Abwasserpumpwerk ausgefallen«, sagt BWB-Sprecher Stephan Natz auf nd-Anfrage. Mit Hilfe eines Notstromaggregats soll es wieder in Betrieb gesetzt werden. Die Kanalisation konnte die angefallenen Wassermassen nicht fassen, an zwölf Überläufen und Notauslässen lief es unter anderem in die Panke und den Landwehrkanal.

In Charlottenburg gab es einen größeren Einsatz wegen eines Dachbrands in einem sechsgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus in der Nehringstraße. Vermutlich war dort der Blitz eingeschlagen.

An den Flughäfen kam es zu Verspätungen und Umleitungen. Sechs Flugzeuge mit Ziel Schönefeld wichen nach Hannover und Rostock-Laage aus. Hunderte Passagiere mussten in Busse umsteigen oder bis zum Sonntagmorgen ausharren, um ihren Weg in die Hauptstadt fortzusetzen.

Der S-Bahn-Verkehr der Linien S2 und S8 wurde zwischen den Bahnhöfen Pankow und Blankenburg unterbrochen - wegen großer Äste auf den Gleisen. Ebenfalls unterbrochen war die in der Nähe verlaufende Straßenbahnlinie 50. Am U-Bahnhof Birkenstraße in Moabit hielten zeitweise keine Züge mehr. Die BVG twitterte, dass sich Wasser auf dem Bahnsteig angesammelt habe.

Auf der Internationalen Gartenausstellung (IGA) wurde für 50 Minuten der Betrieb der Seilbahn eingestellt - eine notwendige Vorsichtsmaßnahme bei Blitz, Donner und Starkregen. Während die Wartenden an der Station Blumberger Damm in einem Restaurant und der Blumenhalle Unterschlupf fanden, mussten gut 100 Menschen an der Station Kienberg dicht gedrängt im Stehen unter einem Dach ausharren. Den Kienberg zu Fuß hinabzusteigen war als Alternative angesichts der Wassermassen unmöglich.

Auf dem Rasen ging ebenfalls nichts mehr: Das Testspiel des Fußball-Zweitligisten 1. FC Union Berlin gegen den englischen Zweitligisten Queens Park Rangers wurde wegen des starken Regens schon nach 13 Minuten unterbrochen - und nach 30 nassen Warteminuten schließlich ganz abgebrochen. Der Verein will das Spiel diesen Montagabend nachholen.

Auch bei der Polizei herrschte nach eigenen Angaben Land unter. Sie bat auf Twitter darum, den Notruf 110 nur in dringenden Fällen zu wählen. Eine Sprecherin sagte, es habe binnen einer Stunde 23 wetterbedingte Einsätze gegeben.

Erst Ende Juni war die Hauptstadt von einem Jahrhundertregen getroffen worden. Damals hob die Feuerwehr den Ausnahmezustand erst nach etwa 24 Stunden wieder auf.

Der rot-rot-grüne Senat hat erst kürzlich ein umfangreiches Klimaschutzkonzept vorgestellt, das nach der Sommerpause in den Ausschüssen beraten wird. Es beschäftigt sich auch mit dem Wassermangement bei Starkregenereignissen. Mit dpa

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