Caracas driftet in die Unregierbarkeit

Martin Ling über die Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung

Venezuela driftet immer weiter auseinander. Gut acht Millionen Venezolaner haben ihre Stimme abgegeben, sagt die Regierung. Lediglich zwei bis drei Millionen Wähler waren an den Urnen, behauptet die Opposition. Diese Diskrepanz der Einschätzungen zeigt die tiefe, fortschreitende Polarisierung der politischen Blöcke in Venezuela. Die Diskrepanz ist für die Normalbevölkerung freilich noch das geringste Problem: Sie wünscht die Beilegung der politischen und vor allem wirtschaftlichen Krise Venezuelas, die sich in einem Mangel an Alltagsgütern und einem Medikamentennotstand ausdrückt, der die kurz- oder gar längerfristige Migration ins benachbarte Kolumbien auf neue Höchststände treibt.

Die Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung bot und bietet in dieser Form keinen Ausweg aus der Krise. Auch wenn sie legal war, fehlte ihr ohne vorangegangenes Referendum die Legitimität. Die offizielle Wahlbeteiligung von 42 Prozent liegt über der Beteiligung beim symbolischen, illegalen Referendum der Opposition, die dort 36 Prozent verkündet hatte. Doch selbst diese beiden ungeprüften Zahlen liegen weit unter 50 Prozent. Fast 75 Prozent betrug die Beteiligung bei den Parlamentswahlen 2015. Seitdem befindet sich Venezuelas Demokratie im Niedergang. Eine Überwindung der gesellschaftlichen Krise rückt in immer weitere Ferne. Verantwortlich dafür sind sowohl Regierung als auch Opposition.

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