Militärrebellion überschattet Neustart

In Venezuela tagt die Verfassungsversammlung / Aufstand in Valencia niedergeschlagen

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie ist Venezuelas derzeit mächtigste Frau: die ehemalige Außenministerin Delcy Rodríguez. Sie wurde am Freitag zur Präsidentin der Verfassunggebenden Versammlung (VV) gewählt, die das Land aus der tiefen Krise führen soll. Als erste Handlung wurde Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz entlassen. Die Entscheidung fiel einstimmig. Den Posten des Generalstaatsanwalts übernimmt nun Tarek William Saab, ein Unterstützer der Regierung, der bereits wenige Stunden später vereidigt wurde. Die 545 Mitglieder der Verfassungsversammlung beschlossen außerdem, »bis zu zwei Jahre« zu tagen.

Ortega hatte vor Polizeimaßnahmen gegen sie und ihre Behörde gewarnt. »Ich lehne diese Belagerung ab«, twitterte sie. »Ich klage diese Willkür vor der nationalen und internationalen Gemeinschaft an.« Ortega war 2007 als Generalstaatsanwältin berufen worden, ihre Amtszeit hätte planmäßig 2021 geendet. Sie war eine langjährige Unterstützerin von Maduros Vorgänger Hugo Chávez und stand bis zum Frühjahr dieses Jahres loyal zu Maduro. Erst ihre scharfe Kritik an der zeitweisen Entmachtung des von der Opposition dominierten Parlaments durch den Obersten Gerichtshof sorgte für den Bruch. Auf Ortegas Druck hin wurde das Urteil wieder aufgehoben.

Am Sonntag (Ortszeit) wollte die VV eine Wahrheitskommission einsetzen, die unter anderem die Hintergründe der seit April andauernden Proteste aufdecken soll, die über 120 Menschen das Leben gekostet haben.

Aus Protest gegen die Verfassunggebende Versammlung haben die Außenminister von Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay alle Rechte Venezuelas in dem Regionalbündnis Gemeinsamer Markt des Südens (Mercosur) »auf unbestimmte Zeit« suspendiert. Die Entscheidung fiel aufgrund der sogenannten Demokratieklausel - in Venezuela sei ein »Bruch der demokratischen Ordnung« festzustellen, hieß es.

Unterdessen hat es in der Stadt Valencia offensichtlich einen Militäraufstand und Aufrufe zum Putsch gegen den sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro gegeben. Unklar ist, wie viele Soldaten an der Rebellion im Komplex Fuerte Paramacay 170 Kilometer westlich von Caracas beteiligt waren. Zuvor hatte eine kleine Gruppe in Militäruniformen ein Video veröffentlicht, in dem sie eine Rebellion im Bundesstaat Carabobo verkündete.

Ein Spitzenpolitiker der Regierungspartei und Mitglied der Verfassungsversammlung, Diosdado Cabello, teilte auf Twitter mit: »Ich unterstütze unsere Streitkräfte gegen diese Attacken von terroristischen Gruppen.« Im Rest des Landes gebe es keine Aufstände. »Absolute Ruhe bei den anderen Militäreinheiten im Land.« Volk und Streitkräfte würden das Vaterland gemeinsam verteidigen. Die Situation soll unter Kontrolle sein. Laut Regierungspartei gab es Festnahmen. mit Agenturen

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