Vollzeitjob Fantasie-Manager

Ob als Bundestrainer oder Chefmanager - online kann jeder im Spitzensport mitmischen. Dahinter steht eine wachsende Industrie

  • Thomas Häberlein, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Einmal Uli Hoeneß spielen. Oder Carlo Ancelotti. Oder jede Woche den Experten raushängen lassen, wie die vielen Prominenten, die vor einem Spiel sagen sollen, wie es ausgeht. Ist alles möglich, zumindest virtuell. Im Internet haben die Millionen selbst ernannten Manager, Bundestrainer oder Besserwisser die Möglichkeit, ihr Können unter Beweis zu stellen.

Wenn an diesem Freitag mit der Begegnung zwischen Bayern München und Bayer Leverkusen die Fußball-Bundesliga beginnt, haben die Manager- und Tippspiele wieder Hochkonjunktur. Mehr als zwei Millionen Mitspieler sind bei »kicktipp« angemeldet, dort müssen allerdings nur Ergebnisse vorausgesagt werden. Die Gewinne machen teilnehmende Gruppen untereinander aus.

Anspruchsvoller geht es bei »Comunio«, »kicker« oder bei »Kickbase« zu. Dort sind die Strategen gefragt, Transfers müssen getätigt, danach eine Mannschaft aufgestellt werden. »Comunio« hatte 2013 etwas mehr als 600 000 Nutzer, schweigt sich über die aktuelle Zahl aber aus. Der »kicker« zählt 190 000 bei diversen Managerspielen, mehr als 540 000 bei seinem Tippspiel. »Kickbase« gibt an, seine App sei eine Million mal heruntergeladen worden - unter anderen auch von Bundesligaprofis. Der Anbieter kooperiert nun außerdem mit dem Pay-TV-Sender Sky.

Die Managerspiele bringen konstante Klickzahlen - und damit Werbeeinnahmen. Die Gegenleistung? Der »kicker« hat immerhin eine Reise für zwei Personen nach Bali für den Gewinner seines Tippspiels ausgelobt, ansonsten sind die Spielereien zunächst genau das: Spielereien. Ab dieser Saison gibt es jedoch erstmals auch ein Spielangebot, bei dem analog zum beliebten Online-Poker tatsächlich auch Geld ausbezahlt wird: »teamstr« heißt der Anbieter.

Der Grundgedanke bleibt gleich: einen Kader für eine Mannschaft zusammenstellen und das besser machen als andere Mitspieler. In englischsprachigen Ländern heißt das Fantasy Sport, in den USA ist daraus eine Industrie mit enormem Wachstumspotenzial entstanden. Drei bis vier Milliarden US-Dollar setzen die Anbieter schon um, im Jahr 2020 sollen es bereits 14 Milliarden sein.

In den USA müssen die »Manager« nicht nur für das Wochenende planen, sondern täglich. Die 30 Klubs der Baseballliga MLB tragen schließlich je 162 Saisonspiele aus. Große Anbieter wie FanDuel oder DraftKings bieten in deshalb schon »Daily Fantasy Sports« an. Die Ausgaben der Mitspieler stiegen dadurch von fünf Dollar im Jahr 2012 auf 257 Dollar drei Jahre später. Der Kreis an Spielern scheint gewaltig groß zu sein. Eine Studie aus dem Jahr 2011 zeigte, dass damals bereits 33,5 Millionen Amerikaner Fantasy Sports spielten. Und hier versprechen die großen Anbieter neben Sachpreisen längst auch Reisen und Geldpreise in Höhen von bis zu einer Million Dollar. Immer mehr professionelle Spieler, genannt »Haie«, mischen deshalb nun mit.

Das größte Fußball-Managerspiel ist jenes der englischen Premier League. Es wird von der Liga selbst betrieben und lockt mit Sachpreisen, die auch wöchentlich und monatlich zu gewinnen sind. Der Jahressieger erhält unter anderem VIP-Reisepakete für zwei Ligaspiele, eine weitere Urlaubsreise und eine teure Uhr - und die Sponsoren dafür die Kontaktdaten der Mitspieler.

In Deutschland ist das alles noch eine Nummer kleiner. Auch bei Vorreiter »teamstr«. 110 000 Interessierte haben sich bislang die App heruntergeladen. Ob und wie viel Geld ausgeschüttet wird, hängt auch hier davon ab, ob und wie viele Mitspieler wie viel Geld einzahlen. SID/nd

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