»Ende Gelände«-Aktivisten blockieren Kohlebahn

Im Rheinland sind Gegner der Braunkohleförderung vorübergehend in das Gelände des Tagebaus Garzweiler eingedrungen

  • Sebastian Weiermann, Erkelenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Während sich beim Klimacamp in Erkelenz am frühen Freitagmorgen Hunderte Aktivisten auf den Tag vorbereiteten und zu Songs von Abba frühstückten, machte eine erste Erfolgsmeldung im Rahmen der »Ende Gelände«-Protestaktionen im Rheinland die Runde: Im Tagebau Inden ist es 13 Menschen gelungen, einen Bagger zu besetzen. Am Vormittag endete die Aktion friedlich. Die Aktivisten wurden von der Polizei weggetragen.

Der erste Aktionsfinger, der sich dann vom Klimacamp auf den Weg machte, hatte zunächst Probleme. Mit fünf Bussen wollten die Menschen losfahren, da das Camp bei Erkelenz einige Kilometer von der Tagebau-Infrastruktur entfernt ist. Ein schneller Aufbruch wurde allerdings von der Polizei verhindert, die die Busse nach 50 Metern stoppte und einer oberflächlichen Kontrolle unterzog.

Danach ging es in Begleitung der Beamten doch los, die Fahrt führte die etwa 300 Braunkohlegegner nach Bedburg. Während der 30-minütigen Fahrt verbreiteten Aktivisten im Internet, dass sich der Finger zu einem Mahnwachen-Camp nahe der kleinen Ortschaft bewegt. Als sie dann einfach am Camp vorbei in Richtung des »Kohlebunker Fortuna« fuhren, staunten die Polizisten nicht schlecht. Erst nach einigen Kilometern gelang es den Beamten, die Demonstranten zu stoppen. Die Polizei ging dabei nicht zimperlich vor. Schlagstöcke und Pfefferspray kamen zum Einsatz und die Aktivisten wurden eingekesselt.

Im »pinken Kessel« herrschte allerdings gute Stimmung, als man davon hörte, was den Menschen des »grünen Fingers« gelungen war. Diese Gruppe hatte sich schon am Donnerstag auf den Weg nach Köln gemacht, dort übernachtet und sich dem Braunkohlerevier quasi von der anderen Seite genähert. Die Aktivisten schafften es, die Nord-Süd-KohleBahn zu besetzen. Nach Angaben von RWE wurde der Zugverkehr daraufhin aus Sicherheitsgründen eingestellt.

Am Mittag wiederholte sich das Spielchen mit den Kontrollen am Klimacamp, als eine weitere Aktivistengruppe mit Bussen losfahren wollte. Diesmal hatten sich die Beamten aber etwas Neues einfallen lassen: Ein Lastwagen der Aktivisten hatte Hunderte von Strohsäcken geladen. Diese wurden als »passive Bewaffnung« gewertet und mussten vor der Abfahrt ausgeladen werden. In einer Pressemitteilung der Polizei heißt es, die Kissen dienten als »Übersteighilfen«. Auch ohne die »gefährlichen« Strohsäcke schafften es allerdings auch 250 Aktivisten dieser neuen, orangen Gruppe auf die Kohlebahn am RWE-Kraftwerk Neurath. Ein paar hundert Meter von ihnen entfernt wurden zum selben Zeitpunkt die Aktivisten, die am Morgen die Strecke besetzt hatten geräumt. Dabei ist die Polizei nach Angaben der »Ende Gelände«-Sprecherin Insa Vries sehr brutal vorgegangen. Ein Blockierer soll durch einen Tritt ins Gesicht schwer verletzt worden sein.

Insgesamt bewertet die Sprecherin des Bündnisses die Aktionen trotz der Übergriffe der Polizei als »sehr erfolgreich«. Viele Gruppen seien im ganzen Anbaugebiet unterwegs und es gäbe vielfältige Aktionen an denen sich Tausende Menschen beteiligten. Am Samstag sollen die Aktionen weitergehen. Bei »Ende Gelände« und dem Klimacamp werden noch mehr Menschen erwartet. Warum die Aktionen im Rheinland so wichtig sind, erklärt Insa Vries so: »Ohne sofortigen Braunkohleausstieg kann es keine Klimagerechtigkeit geben. Deshalb wollen wir uns der Zerstörung direkt in den Weg stellen: an Kraftwerken, Tagebauen, Schienen. Wir nehmen nicht länger hin, dass die Verantwortlichen von RWE und in der Politik nicht handeln.«

»Ende Gelände« liefert in diesem Jahr nicht die spektakulären Bilder aus der Tagebau-Grube wie vor zwei Jahren. Allerdings sind die Aktionen vielfältiger und schwerer für die Polizei zu stoppen. »Ende Gelände« hat aus der ungünstigen geografischen Lage des Klimacamps das Beste gemacht. Mit mehreren Bussen sind die Aktivisten relativ mobil und schaffen es, große Teile des rheinischen Braunkohlereviers zum Aktionsgebiet zu machen. Der Polizei bleibt oft genug nur die Aufgabe, erfolgreiche Aktionen zu beenden.

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