Gutachten: Flughafen Berlin-Tegel muss schließen

Senat stellt Ergebnis von rechtlicher Expertise vor, die Unterstützer widerlegt

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Tegel-Verfechter wie den Berliner FDP-Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl Christoph Meyer ist die Offenhaltung Tegels quasi mit einem einfachen Federstrich zu haben: per rechtlichem Widerruf des Schließungsbeschlusses. So stellte es der selbst ernannte Tegel-Retter am Mittwoch bei einer Podiumsdebatte dar. Außerdem habe man keine Rechtsunsicherheit beim Doppelbetrieb der Flughäfen BER und Tegel.

Da kommt ein rechtliches Gutachten, das im Auftrag von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) erstellt wurde, zu einem ganz anderen Ergebnis. Dass von dem renommierten Verwaltungsrechtler Reiner Geulen verfasste Gutachten besagt im Kern: »Hiernach ist ein Weiterbetrieb des Flughafens Tegels ausgeschlossen.« Geulen stellte seine Untersuchung am Mittwoch im Roten Rathaus bei einer Pressekonferenz vor. »Wir wollten uns mit der Fragestellung beschäftigen, was wäre wenn«, erklärte Justizsenator Behrendt den Auftrag, den der Senat dem Rechtsanwalt erteilt hatte. Die Berliner sollten im Vorfeld des Volksentscheids am 24. September über eine Empfehlung an den Senat zu Tegel gut informiert sein, sagte Behrendt.

Herausgekommen ist eine juristische Expertise auf 33 Seiten, die sehr deutlich macht, warum ein Weiterbetrieb von Tegel zwar grundsätzlich möglich wäre, er aber nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen werden kann. »Nach Maßstäben der praktischen Vernunft ist es ausgeschlossen«, betonte Geulen. Der Rechtsanwalt nannte gleich drei »K.-O.-Gründe«, die seine Einschätzung untermauern sollen.

Der erste Punkt betrifft die Betriebsgenehmigung des Flughafens Tegel. Rein rechtlich ist es nämlich so, dass der Flughafen qua Schließungsbescheid aus dem Jahr 2004 bereits seit 13 Jahren geschlossen ist. Dass der Flughafen natürlich weiterbetrieben wird, ist nur möglich, weil die Bedingung für das Inkrafttreten des Beschlusses, nämlich die Inbetriebnahme des BER, noch nicht erfüllt ist. Um den Schließungsbescheid Tegels zu widerrufen, bedarf es dem Rechtsanwalt zufolge eines sehr langen Verfahrens. »Man braucht dafür mindestens fünf Jahre«, sagte Geulen. Schließlich müssten beispielsweise in diesem Fall die betroffenen Anwohner komplett neu angehört werden, die sich ja alle auf den Planfeststellungsbeschluss zur Schließung Tegels nach der Eröffnung des BER verlassen haben. An diesem Punkt würden auch die neuen Lärmschutzbedingungen zu einem alles entscheidenden Problem werden.

Ein zweiter Faktor, der laut dem Rechtsanwalt für die Notwendigkeit der Schließung spricht, ist der Aspekt der gemeinsamen Landesplanung von Berlin und Brandenburg. Die entsprechenden Landesplanungsgesetze sehen nur einen sogenannten Single-Airport vor. Einer Änderung dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben müsste nicht nur Brandenburg zustimmen, sondern auch dazu müsste eine neue Anhörung der Anrainer-Gemeinden des BER erfolgen.

Der dritte Punkt betrifft die Flugrouten. Die vor drei Jahren festgelegten Flugrouten für den BER lassen einen Parallelbetrieb mit dem Flughafen Tegel nicht zu, weil sie »konfligieren«.
Rechtsanwalt Geulens Fazit: »Der Volksentscheid ist eine Mogelpackung.« Außerdem würden die Tegel-Fans mit »irreführenden Unterstellungen« arbeiten. Das ganze sei eine »Phantomdiskussion«, der Senat habe gar keine Möglichkeit, Tegel offen zu halten.

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