Nicht in meinem Namen!
Obszön findet Karlen Vesper die offizielle Ehrung des SS-Offiziers Schleyer
Sie haben es wieder getan. Sogar der Bundespräsident, ein Sozialdemokrat, legte einen Kranz am Grab von Schleyer ab. Als Staatsoberhaupt quasi in meinem, in unser aller Namen. Unerhört! Seit seiner Ermordung 1977 wird dem einstigen Gebirgsjäger gegen Frankreich sowie Manager der Zwangsarbeit im deutsch-besetzten Tschechien am Entführungs- und Todestag offizielle Ehrung zuteil, von Bundesbehörden. Das ist obszön.
Hätte Schleyer, wie schon zuvor, am 27. Mai 1942 im Mercedes-Cabriolet neben Heydrich, verantwortlich für die »Endlösung der Judenfrage« in Böhmen und Mähren, gesessen, wäre er wohl im Kugelhagel tschechischer Widerstandskämpfer gestorben. Was den 27-Jährigen an jenem Tag abhielt, mit seinem Chef durch Prag zu kutschieren, wissen wir nicht. Wir wissen: Das Zweite Juristische Staatsexamen schmiss der »Führer« des NS-Studentenwerks an der von Marxisten und Juden »gereinigten« Karls-Universität, weil er, wie er an Reichsinnenminister Frick schrieb, »meine Pflicht nach Kräften erfüllen« wollte: »Die uns in jungen Jahren in der Kampfzeit anerzogene Bereitschaft, Aufgaben zu suchen und nicht auf sie zu warten, ... haben uns früher als sonst üblich in die Verantwortung gestellt.« Seine war dann als Leiter des Präsidialbüros der Okkupationsindustrie die zügig-gnadenlose »Arisierung«. Schluss mit dem Schleyer-Kult!
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.