Fehler der Einheit
Aert van Riel zum Regierungsbericht über Ost und West: viele Berichte, keine Konsequenzen
Die Debatte über die Zukunft der ostdeutschen Länder ist zu einem Ritual verkommen. Einmal im Jahr legt die Bundesregierung einen Bericht vor, in dem sie die gleichen Probleme in abgehängten Regionen wie Abwanderung, Überalterung und Armut beschreibt, ohne sich ernsthaft mit Lösungen zu beschäftigen. Die betroffenen Menschen werden entweder als heldenhafte Märtyrer dargestellt, die das Ende der DDR mit ihrer beruflichen Existenz bezahlt hätten, oder als potenzielle Neonazis, deren Frust in Gewalt gegen Migranten, Geflüchtete oder andere Minderheiten münden könne. Dieses Erklärungsmuster klingt zwar zu einfach, um komplexe gesellschaftliche Phänomene umfassend zu beschreiben, trotzdem ist es nicht von der Hand zu weisen, dass soziale Probleme oft auch Gewalt mit sich bringen.
Um diese einzudämmen und für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, sollte der Staat stärker in die Wirtschaft eingreifen beziehungsweise Voraussetzungen für eine bessere Lohn- und Sozialpolitik schaffen. Beispiele hierfür wären eine Anhebung des Mindestlohns und eine Stärkung der Tarifbindung. Das würde einigen Menschen helfen, aber auch die Möglichkeiten des Staates sind begrenzt. So kann man nicht erwarten, dass durch seine Interventionen strukturschwache Gegenden auf einmal aufblühen. Die Fehler, die einst beim Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft gemacht wurden, wirken bis heute nach und können nur langfristig behoben werden.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.