2000 Beschäftigte fordern einen Tarifvertrag für alle

Demonstration in Düsseldorf für allgemeinverbindliche Regelungen im Einzelhandel

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 2 Min.

Strömender Regen – der Kundgebungsplatz im Düsseldorfer Hofgarten gleicht einer Seenplatte. Zum Abschluss seiner Rede wird ver.di-Chef Frank Bsirske den rund 2000 Beschäftigten des Einzelhandels zurufen: »Trotzen wir den Arbeitgebern so, wie wir heute dem Wetter getrotzt haben.« Der Anspruch ist da, allein die Umsetzung ist schwierig.

Mit den kürzlich erzielten Tarifabschlüssen kann ver.di nicht zufrieden sein. Lohnerhöhungen von 2,3 Prozent und noch einmal zwei Prozent zum 1. Mai 2018 sind ein mageres Ergebnis. Mit der Forderung nach allgemeinverbindlichen Tarifverträgen konnte die Gewerkschaft sich gar nicht durchsetzen. Die Unternehmer lehnen eine Rückkehr zum Credo »Einer für alle« kategorisch ab und unterstützen damit Tarifflucht und Lohndumping im Einzelhandel.

Nur noch 30 Prozent der Beschäftigten im Einzelhandel und 21 Prozent im Groß- und Außenhandel sind in tarifgebundenen Unternehmen tätig. Deshalb setzt die Gewerkschaft ihre Kampagne für die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen fort. »Dem Verdrängungswettbewerb in der Branche auf Kosten der Beschäftigten müssen Schranken gesetzt werden«, so Sabine Zimmer, die die Tarifverhandlungen in Nordrhein-Westfalen geführt hatte.

Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles war als Rednerin eingeladen. Die SPD-Politikerin forderte von den Unternehmern, sich der Allgemeinverbindlichkeit nicht systematisch in den Weg zu stellen. Nahles will sich nicht nur für einen »Pakt für anständige Löhne« einsetzen, sondern versprach, dies an der Seite der Beschäftigten vor den Türen der Unternehmen einzufordern. Klaus Armbruster, der im schwäbischen Bietigheim bei OBI arbeitet, möchte sie an dieser Aussage messen und zu einer Streikaktion einladen. Die Politik müsse sich für allgemeinverbindliche Tarifverträge einsetzen, sagt er. Er selbst habe eine Bezahlung nach Tarif vor Gericht durchgesetzt. Der Unterschied betrage 200 bis 300 Euro.

Auch viele Beschäftige des Spielwarenhändlers Toys ´R´ Us aus Standorten im ganzen Land nahmen an der Düsseldorfer Demonstration teil. In Fulda wurde für die Forderung nach allgemeinverbindlichen Tarifverträgen am Freitag und Samstag sogar gestreikt. Bei Toys ´R´ Us beträgt der Einstiegslohn 8,90 Euro. Selbst nach zehn Jahren im Unternehmen kommen die Beschäftigten maximal auf 12,50 Euro in der Stunde. Eine Mitarbeiterin der Spielwarenkette beklagte gegenüber »nd«, dass sie wohl kaum Rente über dem Niveau der Grundsicherung bekommen werde. Darüber, wie schlechte Löhne das Rentenniveau drücken, sprach auch Frank Bsirske. Der ver.di-Chef gab den Demonstranten denn auch eine negative Wahlempfehlung mit auf den Weg: Bei CDU und FDP jedenfalls würde er sein Kreuz nicht machen, riet er. Die CDU stehe für ein »weiter so« in der Rentenpolitik. Die FDP für eine Verschärfung.

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