»Wir danken unseren Gästen«

Mecklenburg-Vorpommern: Am 28. September soll das ehemalige FDGB-Ferienheim in Klink gesprengt werden

  • Lesedauer: 3 Min.

Klink. Am 28. September geht in Klink an der Müritz (Kreis Mecklenburgische Seenplatte) ein Stück DDR-Geschichte zu Ende. »Das ehemalige Müritz-Hotel wird gesprengt«, bestätigte Andreas Fricke von der Balance Ingenieur- und Sachverständigengesellschaft mbH Rostock dieser Tage.

Fricke leitet die Vorbereitung auf die Sprengungsaktion. Seit Monaten wurden Schad- und Wertstoffe im Inneren des geschichtsträchtigen Zehngeschossers ausgebaut. Jetzt steht das imposante Gebäude am Seeufer fast ohne Fenster da, aus der Schwimmhalle ragen Metallstreben und Arbeiter bohren 1500 Sprenglöcher. 380 Kilogramm Industrie-Sprengstoff sollen dafür sorgen, dass die drei Flügel kurz nacheinander umfallen. »Erst dann fällt das riesige Treppenhaus in der Mitte«, erläuterte Fricke.

Die Besitzer - die Berliner Avila-Gruppe - und die Bauleitung sehen die Sprengung als Event. »Das wollen ganz viele Menschen sehen«, meint Manfred Geilfuß, der für die Avila-Gruppe die benachbarte Reha-Klinik leitet. »Wir rechnen mit etwa 150 Schiffen auf der Müritz und mindestens 1000 Schaulustigen an Land«. Etliche Firmen bieten Schifffahrten zu dem Termin an, weil die Sicht von der Müritz aus besonders gut ist.

Das einstige DDR-Hotel mit Schwimmhalle und 45 Hektar Wassergrundstück war 1974 in Betrieb gegangen und soll nun einem Neubau weichen. Prominente gaben sich vor und nach 1989 in dem Haus die Klinke in die Hand. So wurde hier die Eröffnung der Autobahn Berlin-Rostock mit SED-Prominenz gefeiert. Für DDR-Bürger war es etwas ganz Besonderes, einmal den Service der bis zu 500 Mitarbeiter mit Vollverpflegung und den weißen Sandstrand zu genießen, der an die Ostsee erinnert. Klink ist ähnlich bekannt wie das Rostocker Neptun-Hotel und hatte nach Templin (Brandenburg) und Friedrichroda (Thüringen) eines der größten Häuser, das der DDR-Feriendienst der Einheitsgewerkschaft FDGB bewirtschaftete. »Im Osten kannte das Haus faktisch jeder«, erklärte der langjährige Hotelchef Gerd Schröter, der auch nach der Wende blieb. Damals schlossen viele Treuhandhotels, die an andere Eigentümer verkauft werden sollten, aber Schröter konnte sein Haus mit politischer Unterstützung offen halten.

Zu dem Komplex gehörte auch einer der damals seltenen großen Tagungssäle. Nun kamen Parteien, Sänger wie Andy Borg, Andrea Berg oder die Scorpions, Kegelclubs und viele Busreisende. Unter anderem konnte Schröter auch Björn Engholm (SPD), Angela Merkel - damals noch als CDU-Landeschefin und Bundesumweltministerin -, Guido Westerwelle (FDP) und viele andere Prominente begrüßen. Ende 2014 kam das Aus für den Hotelbetrieb. Die Avila-Gruppe kündigte dem Pächter, weil nun endlich neu gebaut werden soll. Auch aus Sicht des Denkmalschutzes jedoch stand das alte Hotel sozialgeschichtlich für den Ausbau des Tourismus in der DDR. Schließlich musste eine exakte Dokumentation über das Hotel, das einst 50 Millionen DDR-Mark kostete, angefertigt werden, damit der Abriss genehmigt werden konnte.

Nun plant die Immobilienfirma für rund 30 Millionen Euro einen Hotelneubau an der Stelle. Die von Glas dominierte, leicht geschwungene neue Architektur soll sich an die Reha-Klinik anlehnen und etwa sechs Geschosse haben. Allein der Abriss mit Sprengung wird mit 2,5 Millionen Euro Kosten veranschlagt, 20 000 Tonnen Beton sind am Ende zu entsorgen.

Vorher müssen die Anwohner und Interessierten allerdings noch stundenlange Absperrungen hinnehmen. Rund 300 Meter im Umkreis des Hotels gibt es eine Sperrzone, auch die Bundesstraße 192 wird gesperrt. Exakt um 15 Uhr sollen am 28. September die 380 Kilogramm Industriesprengstoff dann gezündet werden. Ein genauer Zeitplan für den Neubau liegt allerdings noch nicht vor.

Die Internetseite des Müritz-Hotels gibt es noch immer: »Die Müritz Hotel GmbH stellt zum 04.01.2015 den Hotelbetrieb ein«, heißt es dort. Und: »Wir danken unseren Gästen für den Besuch in Klink und unseren Geschäftspartnern sowie Mitarbeitern für die gute Zusammenarbeit.« dpa/nd

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