»Aborigine-Kinder sind nicht krimineller als andere Kinder«

In Australiens Jugendstrafanstalten sitzen überproportional viele Ureinwohner ein / Foltervorwürfe gegen Wachpersonal

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Indigene Jugendliche machen keine fünf Prozent der australischen Jugend aus. Und doch sind in manchen Regionen die Jugendstrafanstalten mit bis zu 100 Prozent mit jungen Ureinwohnern gefüllt. Dies prangerte die erste Aborigine-Abgeordnete im australischen Parlament, Linda Burney, an. »Aborigine-Kinder sind nicht krimineller als andere Kinder«, sagte sie. Aspekte des Justizsystems müssten untersucht werden. Wichtig seien eine frühe Intervention, aber auch alternative Modelle der Bestrafung.

Dies bestätigte auch der westaustralische Kinderbeauftragte Colin Pettit, der sich derzeit mit der Überrepräsentation von indigenen Kindern im Strafsystem beschäftigt und seine Untersuchungsergebnisse an eine Kommission für Rechtsreformen übermittelt. Inflexible Regulierungen seien häufig daran schuld, dass indigene Kinder und Jugendliche immer wieder hinter Gitter landeten. Neben harschen Kautions- und Berufungsanforderungen sei auch der Gemeindedienst oftmals schwierig für jugendliche Ureinwohner, und es mangele an Unterstützung.

Der »Guardian« zitierte am Dienstag einen 17-jährigen Aborigine, der klagte, dass die Polizei wenig Kulanz gegenüber Ureinwohnern zeige. »Als ich auf einer Ausgangssperre war, war ich eine Minute zu spät«, sagte er. Er sei um eine Ecke gegangen und da habe die Polizei gestanden und habe ihn sofort verhaftet und in die Jugendstrafanstalt gebracht.

In der jüngeren Vergangenheit gerieten äußert beunruhigende Nachrichten an die Öffentlichkeit. Dazu gehören Fälle wie der des 22-jährigen Tane Chatfield, der in seiner Zelle bewusstlos aufgefunden wurde und später starb. Oder ein Gefängnisskandal aus dem vergangenen Jahr, als schockierende Folterszenen aus einem Jugendgefängnis im Norden des Landes um die Welt gingen. Die Bilder zeigten einen 17-jährigen Jungen, der über dem Kopf einen Sack gestülpt hatte. Um den Hals hielt ihn ein Band an der Kopflehne fest, während seine Arme und Beine an den Stuhl gefesselt waren. Andere Szenen aus dem Don Dale Centre zeigten, wie ein noch relativ kleiner Junge von Gefängniswärtern mit Gewalt zu Boden gerissen und nackt ausgezogen wurde. Oder ein Fall, indem Wärter exzessiv Tränengas einsetzten und sich über juge Aborigine-Häftlinge mokierten.

Burney, eine ehemalige Lehrerin, die den multikulturellen Sydney-Wahlkreis Barton im Parlament vertritt, hat selbst viel Rassismus erlebt. Sie fordert nun eine Reform des Justizsystems. »Dies bezieht sich nicht auf schwere Verbrechen«, betonte die sozialdemokratische Politikerin. »Die meisten Aborigines sitzen wegen Verkehrsdelikten im Gefängnis, weil sie ohne Führerschein gefahren sind oder Strafzettel nicht bezahlt haben.« Für diese Vergehen wolle sie alternative Strafen einführen. »Ich würde gerne die Gemeindeältesten involvieren, die lokalen Magistrate oder die Polizei«, sagte Burney. Sie sollten bestimmen können, wie ein Straftäter bestraft werde. Das sei besser, als die Jugendlichen ständig in Jugendstrafanstalten zu schicken.

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