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CDU kramt die roten Socken raus

Konservative fürchten, dass nach der Niedersachsenwahl »Altkommunisten« mitregieren

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 4 Min.

Die rote Gefahr droht in Niedersachsen, meint die CDU. Vor Jahrzehnten malte sie auf Wahlplakate einen gruseligen Sowjetsoldaten und darunter die Warnung, dass »alle Wege des Marxismus nach Moskau führen«. Heute bedient sich die Union zum Bangemachen nicht mehr des Mannes mit Hammer und Sichel, sondern eines flammenden Warnlichts im Internet, darunter der Schreckensruf zur nahenden Landtagswahl: »Alarmstufe Rot-Rot-Grün«.

Offen werde von Sozialdemokraten und Grünen in Niedersachsen eine solche Koalition mit der LINKEN angestrebt, kolportiert die CDU. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Stephan Weil lehne es ab, »sich von einem Bündnis mit den DDR-Nostalgikern und Altkommunisten in der Linkspartei zu distanzieren«. Solchermaßen auf die »Bösen« eingestimmt, erfahren die Leser schwarzer Wahlwerbung sodann, wie die Union allem Übel wehren will. Das Thema Sicherheit »zieht« angesichts terroristischer Anschläge wie kaum zuvor, weiß die Partei. So will die CDU eine »intelligente Videoüberwachung« installieren, die Bewegungsfreiheit von »Gefährdern« per Fußfessel oder Präventionshaft einschränken und »Hasspredigten« in Moscheen unterbinden. Und mit Blick auf Terroranschläge wirbt sie für den Einsatz von Bundeswehr im Innern. Die Unterstützung der Polizei durch die Bundeswehr für den Schutz der Bevölkerung sei wichtig und sinnvoll, heißt es im Wahlprogramm der Konservativen.

Im Marschgepäck hat die CDU zudem den eisernen Besen gegen Menschen, die nicht ins bravbürgerliche Bild sauberer Straßen und Plätze passen. Konsequent würde sie gegen »belästigende Trinkgelage« sowie »aggressives und organisiertes Betteln« in Städten und Dörfern vorgehen, verspricht die Partei. Und die CDU will mehr Polizei, besser ausgerüstete Polizei und vor kritischen Bürgern bewahrte Polizei, denn: Die »Beschwerdestelle Polizei« des Landes soll abgeschafft werden.

Das möchte die SPD nicht, aber auch sie will in der kommenden Legislaturperiode 1000 weitere Polizistinnen und Polizisten einstellen. Auch Verfassungsschutz und Justiz gelte es zu stärken, immerhin liege »auch für Niedersachsen eine ernste Bedrohungslage vor«, gibt die SPD im Wahlprogramm zu bedenken.

Die Vorstellungen der FDP zum Thema Sicherheit entsprechen im Wesentlichen denen der CDU. Konsequent möge nicht nur gegen Islamisten, sondern auch gegen Gefahren vorgegangen werden, die »von linken und rechten Extremisten ausgehen, die ihre Ideologie mit Gewalt durchsetzen und unseren Staat abschaffen wollen«, fordern die Freien Demokraten.

Einen anderen Ton wählen die Grünen in ihrem Konzept zur Landtagswahl. Polizeiliches Vorgehen müsse bürgerfreundlich sein, heißt es in dem Papier. Deshalb sei es geboten, den Beamten in ihrer Ausbildung verstärkt deeskalierende Einsatzstrategien zu vermitteln. Den Befugnissen des Verfassungsschutzes, erinnert die Ökopartei, habe Rot-Grün bereits »enge Grenzen gesetzt«. Das Ziel bleibe aber, »langfristig die Demokratie so stark zu machen, dass ein Verfassungsschutz verzichtbar wird«.

Diesen Nachrichtendienst völlig abschaffen möchte die Linkspartei, die nach mehr als vierjähriger Abstinenz auf einen Einzug in das Landesparlament hofft. Außerdem moniert sie: Nach wie vor baue die Landesregierung »den Schnüffelapparat« aus. Eine bürgernahe Polizeiarbeit, unterstreicht die LINKE, müsse Sicherheit und Ordnung gewährleisten, »ohne die Freiheitsrechte oder demokratische Kontrollrechte einzuschränken«.

Vor der Wahl am 15. Oktober zeichnet sich einer Umfrage zufolge ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD ab. Im am Montag veröffentlichten Wahltrend der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung« kam bei der Sonntagsfrage die CDU auf 33,1 Prozent und die SPD auf 32,8 Prozent der Stimmen. Dem »HAZ«-Wahltrend zufolge würden sechs Parteien in den niedersächsischen Landtag einziehen: neben CDU und SPD die Grünen mit 9,9 Prozent, die AfD mit 8,1 Prozent, die FDP mit 8,0 Prozent und die Linke mit 5,4 Prozent.

Demnach wären rechnerisch neben einer Großen Koalition aus CDU und SPD ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP sowie eine Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen möglich. Die bisherige rot-grüne Regierung hätte keine Mehrheit mehr im Landtag von Hannover.

An der Sonntagsfrage des »HAZ«-Wahltrends, einer Kooperation von HAZ.de mit »Spiegel Online« und dem Meinungsforschungsinstitut Civey, nahmen mehr als 170 000 Online-Nutzer verschiedener Nachrichtenportale teil, von denen rund 4500 in die repräsentative Stichprobe einflossen. Diese Stichprobe bildet den Angaben zufolge die Stimmung in der Bevölkerung bestmöglich ab, indem die Teilnehmer entsprechend ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung etwa bezüglich ihres Alters, Geschlechts und Wohnorts quotiert erfasst werden. Mit Agenturen

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