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EU-Abgeordnete richten Appell an Spanien
Gewalteinsatz wird ebenso abgelehnt wie eine einseitige Unabhängigkeits-Erklärung
Nicht nur der unverhältnismäßige Polizeieinsatz gegen Demonstranten drohe Spanien zu teilen, sondern auch die einseitig erklärte Abspaltung Kataloniens. Diese beiden Kernaussagen teilten am Mittwochnachmittag die meisten Redner einer aktuellen Debatte im EU-Parlament unter dem Titel »Verfassung, Rechtsstaat und Grundrechte in Spanien im Hinblick auf die Ereignisse in Katalonien«.
Als erster Redner erinnerte Frans Timmermans, Vize-Chef der EU-Kommission, an Demokratie, Respekt und Rechtsstaatlichkeit als »Säulen der Europäischen Union«. In Hinblick auf den Polizeieinsatz am Sonntag sagte er, Gewalt dürfe nicht als Waffe benutzt werden. Gleichzeitig unterstrich Timmermans, dass »eine Meinung nicht wertvoller ist als eine andere, nur weil sie lauter geäußert wird«. Das spanische Referendum sei aus Sicht der Kommission nicht rechtmäßig. Eine Intervention der Kommission lehnte er ab, da in Spanien generell Rechtsstaatlichkeit vorhanden sei und derzeit lediglich der politische Wille fehle.
CDU-Politiker Manfred Weber von der konservativen Fraktion sagte, es sei »bedauerlich«, was in Barcelona passiert sei. Allerdings hätten nicht nur die Demonstranten gelitten, sondern auch die eingesetzten Polizisten. Die Demonstrationsfreiheit sei zweifelsohne notwendig, am Ende entschieden aber nicht die Menschen auf Massendemos, sondern demokratisch gewählte Institutionen. Weber appellierte an Katalonien, Teil Spaniens zu bleiben und damit auch Teil der EU, des Schengen- und des Euroraums. Für die sozialdemokratische Fraktion brachte der italienische Abgeordnete Gianni Pittella zum Ausdruck, dass nicht Teilung, sondern Einigkeit die DNA Europas sei. Er kritisierte den Polizeieinsatz als »unverhältnismäßig«, warnte aber gleichzeitig vor »neuen Konflikten« durch eine Unabhängigkeitserklärung.
Der liberale Guy Verhofstadt erntete Applaus im Plenum mit der Aussage, eine Spaltung des Landes werde vielleicht nicht mehr heilen können, wovon letztlich Antieuropäer profitierten. Auch der französische Politiker Patrick Le Hyaric von den Vereinigten Europäischen Linken kritisierte die Rolle der EU in dem Konflikt. Regierungen außerhalb der EU wären für solches Verhalten schon längst mit Wirtschaftssanktionen bestraft worden, so der Politiker. Eine Politik der Gewalt dürfe auch innerhalb der EU nicht akzeptiert werden. Le Hyaric plädierte dafür, die demokratische Erklärung der Katalanen nicht zu ignorieren. Man müsse nun einen Kompromiss in dem Konflikt finden.
Mit dieser Meinung stand er nicht alleine da. Bereits am Sonntag hatte sich die Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/ Nordische Grüne Linke zu dem Thema geäußert und gefordert: »Die EU muss sich gegen die Gewalt der spanischen Regierung zur Wehr setzen und Grundrechte in Katalonien verteidigen«. Auf Wunsch der Fraktion und der Grünen war das Thema überhaupt erst auf die Agenda in Straßburg gesetzt worden.
Der niederländische Nationalist Marcel de Graaf sprach von einer »Scheinheiligkeit der Kommission«. Er sagte, Freiheit und Menschenrechte gelten wohl nur für Länder, die der EU nützlich seien. In ihrer Rede brachte die Grünen-Politikerin Ska Keller ebenfalls Kritik an der EU-Kommission zum Ausdruck. Diese sei in der Pflicht, in dem Konflikt Vermittlung und Hilfe anzubieten. Unabhängig davon, was man von dem Referendum halte, sei der Sonntag ein »trauriger Tag« für Europa gewesen. Die Welt habe zugeschaut, während die Polizei in Katalonien »friedliche Demonstranten« verprügelte. Eine politische Lösung könne man nur finden, wenn Menschen miteinander redeten, so Keller.
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