Vom Exoten zur Monokultur

Im 19. Jahrhundert gab es hierzulande erste größere Anbauversuche mit Soja. Nur sieben Prozent der weltweiten Produktion kommen heute aus Europa.

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Die ursprüngliche Heimat des Sojaanbaus liegt in China. Bereits vor mehreren Tausend Jahren kultivierte man dort die schmackhafte Bohne, bis sie später über Japan ihren Siegeszug in weite Teile Ostasiens antrat. In Europa wurde man erst 1712 durch den westfälischen Gelehrten Engelbert Kaempfer auf den vielseitigen Eiweißlieferanten aufmerksam, der darüber in einem Reisebericht schrieb. Doch alle Versuche, diese wie Tomaten oder Kartoffeln zu nutzen, um den heimischen Speisezettel zu bereichern, scheiterten zunächst. Die Sojabohne blieb außerhalb Asiens ein Exot für die Gewächshäuser botanischer Gärten. Tatsächlich waren es dann aber europäische Wissenschaftler, die sich im 19. Jahrhundert als erste intensiver mit der Bohne beschäftigten und deren chemische Zusammensetzung untersuchten. Der Wiener Agrarwissenschaftler Dr. Friedrich Haberlandt unternahm mit einigem Erfolg hunderte Anbauversuche in Mittel- und Südeuropa.

In den Zeiten der Industrialisierung übernahmen die USA eine Vorreiterrolle bei der Kultivierung der Nutzpflanze, zunächst hauptsächlich zur Ölgewinnung. Ab den 1930er Jahren galt sie dort geradezu als Wunderbohne, als man deren Einsatzmöglichkeiten als Futtermittel und als Margarinerohstoff entdeckte.

Auch in Europa wuchs das Interesse an der Bohne dank ihres Potenzials als nahrhafter Fleischersatz, so dass Soja zum Beispiel in Deutschland während des Ersten Weltkriegs verwendet wurde, um den Hunger der Zivilbevölkerung zu lindern. So baute man beispielsweise in Köln auf Brachen Soja an. Bürgermeister Konrad Adenauer erfand zu dem Zweck sogar die erste fleischlose Sojawurst, die aber deutschem Lebensmittelrecht nicht standhielt. Auch im Zweiten Weltkrieg war Soja präsent, so setzte das NS-Regime zur Eiweißversorgung der Zivilbevölkerung und der Wehrmacht auf Sojamehl aus der Mandschurei.

Den endgültigen Durchbruch erlebte die unscheinbare Hülsenfrucht in den USA in den 1950er und 1960er Jahren, bis dann in den 1970ern zunehmend auch Südamerika auf den Plan trat. Heutzutage produzieren die USA, Brasilien und Argentinien 71 Prozent des Sojas weltweit, China und Indien folgen abgeschlagen mit 15 Prozent. Viele asiatische Länder sind mittlerweile sogar zu Importeuren von Soja geworden. Schuld ist der weltweit - und so auch in Asien - beständig wachsende Fleischkonsum, so dass Soja als Futtermittel herhalten muss.

Hierfür wird Soja in großem Stil in Monokulturen angebaut, für die Regenwälder wie Kleinbauern weichen müssen. Dabei mischen natürlich auch die großen Saatgutkonzerne mit. So vertreibt der Monsanto-Konzern seit den 1990er Jahren herbizidresistentes Gen-Soja nebst passendem Herbizid, was den weltweiten Sojaboom weiter befeuerte.

Europa hat heutzutage nur sieben Prozent des weltweiten Sojaanbaus inne, dies könnte sich aber durch die Weiterentwicklung von kälteunempfindlicheren Pflanzen bald ändern. Bereits in der Ökologiebewegung der 1980er wurden mit Schaffung des »Sojaförderrings« erste Akzente in Richtung eines regionalen Anbaus und kurzer Produktionsketten gesetzt, so dass in Süddeutschland Biobauern bereits seit Langem erfolgreich Soja anbauen.

Deren Zahl könnte sich in den nächsten Jahren rasch erhöhen, schließlich unterstützt nun auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit seiner Eiweißpflanzenstrategie den Anbau von Soja und anderen Hülsenfrüchten für die menschliche Ernährung. Hinzu kommt, dass im Rahmen der »Greening«-Auflagen der EU Landwirte den Sojaanbau als »ökologische Vorrangfläche« geltend machen können und dafür Prämien erhalten.

Mithilfe neuer Sorten könnte der Sojaanbau also auch ökonomisch für immer mehr Landwirte attraktiv werden, denn bislang ist dieser nur im Rheintal oder an der Donau wirtschaftlich zu betreiben. Immerhin ist die Anbaufläche von 5000 Hektar im Jahr 2012 auf 17 000 Hektar im Jahr 2017 angewachsen. Aber angesichts von 2,5 Millionen Hektar Mais hierzulande ist das erst ein kleiner Schritt.

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