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Wirtschaft setzt auf die Blockchain
Viele Konzerne prüfen die Datenbank-Technologie
Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum oder Ripple haben unter Finanzexperten keinen allzu guten Ruf. Anders als hoch spekulative Hedgefonds zeigen sich Banken, Versicherer und Pensionsfonds bisher wenig beeindruckt vom Hype: Die Großen meiden den unregulierten Markt des virtuellen Alternativgeldes.
Während die Finanzmarktakteure über Sinn und Unsinn von Kryptowährungen streiten, setzt sich die dahinter stehende Technologie längst durch: die Blockchain. Dabei handelt es sich um eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält, nur von den Nutzern eines Netzwerks einsehbar ist und ständig chronologisch erweitert wird. Sie soll, so ihre Anhänger, manipulations- und ausfallsichere Transaktionen zeitnah ermöglichen. Die Anwendungsmöglichkeiten seien vielfältig und in Gänze noch gar nicht absehbar.
Die Verbreitung in der deutschen Wirtschaft »gewinnt an Fahrt«, meinen die Berater von Sopra Steria Consulting, die 200 Fach- und Führungskräfte in verschiedenen Branchen danach befragten. Die Mehrheit der Unternehmen wolle demach den Blockchain-Zug nicht verpassen, auch wenn sich praktikable Anwendungen erst noch durchsetzen müssen. Nahezu die Hälfte der befragten Unternehmen, die diese Technik kennen, prüfe den Einsatz im eigenen Haus. Jedes fünfte arbeite bereits an Prototypen. Über den Einsatz denken nicht allein Finanzfirmen nach, sondern auch Energieversorger, Auto- und Telekomkonzerne oder die öffentliche Verwaltung. Ziel ist es, den Umgang mit Geld, Dokumenten und Immobilien zu vereinfachen und sicherer zu machen.
Zum Einsatz kommt die Blockchain bereits in der Zahlungsabwicklung. Einen Schritt weiter ist Daimler. Zusammen mit der Landesbank Baden-Württemberg hat die IT-Tochter des Automobilkonzerns im Juni eine 100-Millionen-Euro-Anleihe platziert, bei der alle Vorgänge von der Initiierung über die Zuteilung und den Vertragsabschluss bis hin zur Zins- und Rückzahlung auf einer Blockchain digital abgebildet werden.
Ein weiteres mögliches Einsatzfeld ist die Steuerung von Lieferketten. Transportabläufe sollen mit der digitalen Datenbank automatisiert werden. Neue Geschäftsmodelle wie die Nutzung von Leihwagen oder der Verkauf von Musik ohne Makler und Zwischenhändler sind weitere Anwendungsgebiete. »Vorteile können theoretisch überall entstehen, wo ein Austausch von Werten und Daten stattfindet«, sagt Mustafa Cavus, Blockchain-Experte bei Sopra Steria. Das betreffe die Zusammenarbeit mit Dienstleistern oder auch Überprüfungen durch Aufsichtsbehörden.
Forscher des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim erklären die Blockchain-Begeisterung auch mit der Angst, womöglich hinterherzuhinken und »aus dem Markt gedrängt zu werden«. Vor allem seien hoch digitalisierte Unternehmen eher in der Lage, flexibel auf veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu reagieren. Sie überstehen laut einer ZEW-Studie daher Krisen »besser«.
In Deutschland ist inzwischen eine Blockchain-Entwicklerszene mit vielen Start-ups entstanden. Das Zentrum bildet Berlin. Dort sitzt zum Beispiel ein Team von Spezialisten, die an der Plattform Ethereum arbeiten, einer der führenden Blockchain-Varianten. Mustafa Cavus sieht aber auch Hamburg durch seine Nähe zum Handel und zur Logistikbranche als kommende Blockchain-Hochburg für die Realwirtschaft an.
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