Statistisches Blendwerk

Stefan Otto über die Zahlen zum Berliner Arbeitsmarkt

Die nackten Zahlen der Bundesagentur für den Berliner Arbeitsmarkt sehen hervorragend aus. In der Stadt gibt es mehr als 1,4 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die Arbeitslosigkeit in Berlin ist erneut gesunken und hat den niedrigsten Wert seit dem Mauerfall erreicht. Manche sprechen nun von einem Boom; der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat sogar schon die Vollbeschäftigung im Blick. Das mag zwar medienwirksam sein, doch geht das an der Wirklichkeit vorbei.

Es braucht nur einen etwas genaueren Blick in die Statistik, dann sehen die Zahlen nicht mehr ganz so rosig aus. Noch immer sind nämlich mehr als 230 000 Menschen in Berlin unterbeschäftigt - das ist die Summe der Personen, die erwerbslos sind oder in arbeitspolitischen Maßnahmen stecken. Dies ist eine brauchbarere Zahl, um sich dem Ist-Zustand auf dem Arbeitsmarkt zu nähern.

Die Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (LINKE) wies bei der Vorstellung der Oktoberzahlen auf die Perspektivlosigkeit der Langzeitarbeitslosen hin und machte sich für eine gezielte Unterstützung dieser Abgehängten stark. Auch die Situation für viele Jugendliche ist angespannt, weil es an Ausbildungsplätzen fehlt. Mehr als 2300 gehen in diesem Jahr wohl leer aus und müssen die Zeit bis zum kommenden Ausbildungsjahr überbrücken. Die Arbeitsagentur und der Senat zeigen sich angesichts dieser Misere ratlos.

Eigentlich sollte es im Interesse der Wirtschaft sein, selbst für Nachwuchs zu sorgen und auszubilden. Doch die Unternehmen klagen ihrerseits, dass sie viele Lehrstellen nicht besetzen können und zunehmend Auszubildende schlecht qualifiziert seien. Dieser Zustand ist unbefriedigend und zeigt einmal mehr, dass es zum Jubeln über die Arbeitsmarktzahlen keinen Grund gibt.

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