Der Kohleboom ist vorbei

Erneuerbare Energien wachsen laut Internationaler Energieagentur weiter

  • Friederike Meier
  • Lesedauer: 3 Min.

Erst am Montag kam die jüngste Hiobsbotschaft in Sachen Klimaschutz: Im Jahr 2017 werden die weltweiten CO2-Emissionen wohl erstmals seit drei Jahren wieder steigen. Damit stößt die Menschheit in einem Jahr so viel von dem Treibhausgas aus wie nie zuvor. Als Hauptgrund dafür sehen die Autoren der Studie das Wiedererstarken der chinesischen Wirtschaft. China ist für 28 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, kein Land der Erde stößt in absoluten Zahlen mehr Treibhausgase aus.

Doch das Land könnte das Ruder auch noch herumreißen: Laut dem am Dienstag veröffentlichten »World Energy Outlook« der Internationalen Energieagentur IEA könnte China Auslöser sein für eine schnellere globale Energiewende. So könnte bis 2040 jedes dritte neue Solar- und Windkraftwerk in China entstehen. »Solarenergie geht voran und wird vielerorts - auch in Indien und China - die günstigste Energiequelle werden«, sagt IEA-Chef Fatih Birol.

Der »World Energy Outlook«, den die Agentur jedes Jahr veröffentlicht, prognostiziert, wie der Energiebedarf sich bis 2040 verändert und wie er gedeckt werden könnte. Dafür betrachten die Analysten mehrere Szenarien: Das Hauptszenario bezieht alle Energiegesetze und Vorschriften ein, die schon in Kraft sind oder angekündigt wurden. Dazu gehört auch das Pariser Klimaabkommen.

Den Energiebedarf zu decken wird eine Herausforderung. Denn der Bericht rechnet damit, dass der weltweite Bedarf in den kommenden zwei Dekaden um 30 Prozent steigen wird - wegen des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums.

Gedeckt werden soll dieses Wachstum vor allem durch Erdgas und erneuerbare Energien. Ihnen sagt die Agentur eine rosige Zukunft voraus: Sie könnten 40 Prozent des wachsenden Energiehungers stillen und damit das Ende des Kohlebooms besiegeln. Zwei Drittel der weltweiten Investitionen in Kraftwerke bis 2040 könnten erneuerbar sein, weil die Erneuerbaren für viele Länder die günstigste neue Energiequelle sind.

Der Kohleboom ist laut der IEA jedenfalls bald vorbei: Während seit dem Jahr 2000 fast 900 000 Megawatt neue Kohlekraftwerks-Leistung installiert wurden, prognostiziert die IEA bis 2040 nur noch 400 000 Megawatt. Noch lange nicht vorbei ist laut IEA aber das Erdöl-Zeitalter: Der Bedarf soll bis 2040 weiter wachsen, allerdings immer langsamer.

Auch das Erdgas, das ja immerhin den größten Anteil des steigenden Energiebedarfs decken soll, spielt eine wichtigere Rolle. »Die USA werden die unumstrittene Führung bei der Öl- und Gasproduktion übernehmen«, sagt Birol. In den späten 2020er Jahren könne das Land damit nicht nur Gas-, sondern auch Ölexporteur werden.

An dieser Aussage zweifelt Hans-Josef Fell, Präsident des Thinktanks »Energy Watch Group« und einer der Autoren des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. »Ich sehe nicht, wie die IEA beim Erdgas weiter so optimistisch sein kann.« Es zeigten sich immer mehr Probleme bei der Finanzierung des Fracking-Booms.

Seit Jahren gibt es Kritik an den Vorhersagen der IEA, weil diese bisher immer vom realen Wachstum der Erneuerbaren übertroffen wurden: »Die IEA überzeichnet die Möglichkeiten der fossilen und nuklearen Energie und unterschätzt das Wachstum der Erneuerbaren«, sagt Fell. Auch der neue Bericht sei keine Ausnahme: »Für eine ausführliche Einschätzung ist es zu früh, aber es zeigt sich die gleiche Diskrepanz wie in vergangenen Berichten.«

Immerhin sagt auch die IEA, dass ein »Weiter so« nicht ausreicht: Laut dem Bericht werden die CO2-Emissionen aus der Energiewirtschaft zwar bis 2040 langsamer ansteigen - aber eben doch ansteigen. »Das reicht längst nicht aus, um die schweren Folgen des Klimawandels abzuwenden«, heißt es in dem Bericht.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal