Nicht mal der Alarm funktioniert

Mängelliste des BER-Flughafens reicht vom Brandschutz bis zum Notwarnsystem

Nach der Sicherheitskontrolle im Terminal D müssen die Passagiere einen langen Fußmarsch zurücklegen und auf einem engen Flur anstehen, bis sie über die Rollbahn zu ihrer Maschine laufen dürfen. Der Flughafen Schönefeld platzt aus allen Nähten, und das ist kein Wunder, sollte er doch bereits 2012 durch den neuen Hauptstadtflughafen BER ersetzt sein. Beim Start fällt der Blick auf das neue Terminal. Schön groß sieht es aus, modern. Doch innen gibt es endlos alle möglichen Probleme, insbesondere mit dem Brandschutz.

Der »Tagesspiegel« hat in seiner Donnerstagausgabe aus einem 33-seitigen TÜV-Prüfbericht zitiert, wonach es zahlreiche Mängel gebe, darunter bislang noch unbekannte. Möglicherweise verschiebe sich die ersehnte Eröffnung des Airports nun sogar bis ins Jahr 2021.

Nach der Aufsichtsratssitzung vor einer Woche hatte die Flughafengesellschaft mitgeteilt, mit einem Inbetriebnahmetermin werde sich das Kontrollgremium am 15. Dezember befassen. Nach nd-Informationen soll dort der TÜV auftreten. Nicht mehr als diese dürre Auskunft soll im Aufsichtsrat erteilt worden sein. Am Montag im BER-Sonderausschuss des brandenburgischen Landtags spielte eine Mängelliste des TÜV auch keine Rolle. Allerdings wurde der Aufsichtsrat wie üblich über den aktuellen Stand auf der Baustelle unterrichtet. »Mittlerweile sind mehr als 80 Prozent der Türen fertig gestellt und betriebsbereit. Zudem sind jetzt 77 Prozent der hydraulischen Berechnungen für die Sprinkler fertiggestellt«, hieß es.

Türen öffneten nicht mehr automatisch, weil Bauarbeiter sie einfach aufgedrückt hatten. In die Sprinkleranlage, die bei einem Feueralarm die Flammen löschen soll, waren zusätzliche Sprinklerköpfe eingebaut worden, so dass die Berechnungen für den erforderlichen Wasserdruck nicht mehr aufgingen. Teils ist der Druck auf den Leitungen zu hoch, teils zu niedrig. Deswegen müssen einige Kilometer Rohre ausgetauscht werden.

Die TÜV-Berichte seien weder streng geheim noch unbekannt, versicherte die Flughafengesellschaft am Donnerstag. Über die monatlichen Mängelberichte werde regelmäßig im Aufsichtsrat und im BER-Sonderausschuss berichtet. Mängel gebe es etwa am elektroakustischen Notrufwarnsystem, an der Sicherheitsbeleuchtung und an der Notstromversorgung. Der Eröffnungstermin 2012 war mit der Begründung abgesagt worden, dass der Rauch nicht automatisch abgesaugt werde, wenn die Brandmelder Feuer registrieren. Es ist wohl kaum eine Überraschung: Die Steuerung der Entrauchung funktioniert noch immer nicht einwandfrei.

Dennoch verspricht Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup: »Es bleibt dabei: Am 15. Dezember werde ich dem Aufsichtsrat einen unternehmerisch verantwortlichen Termin zur Inbetriebnahme vorschlagen.«

»Inzwischen ist es soweit gekommen, dass selbst die Ankündigung eines Datums, zu dem ein neuer Eröffnungstermin verlautbart werden soll, als Sensation gilt«, verhohnepipelte Brandenburgs Grünen-Fraktionschef Axel Vogel den Flughafenchef. Am Montag habe Lüdke Daldrup im Potsdamer Landtag »mit einer umfangreichen Präsentation Stimmung für einen gigantischen BER-Ausbau gemacht und wundervolle Luftschlösser einer Airportcity an die Wand gemalt«. Doch wenn die jetzigen Medienberichte stimmen, dann habe er seinen Geldgebern verschwiegen, wie es wirklich stehe.

Berlins CDU-Generalsekretär Stefan Evers nutzte den Eindruck, dass sich der Start des Airports noch weiter verschieben könnte, für eine Aufforderung an den rot-rot-grünen Senat, dieser solle »die Voraussetzungen für eine dauerhafte Offenhaltung« des zweiten Berliner Flughafens Tegel schaffen.

Berlins CDU-Fraktionschef Oliver Frederici nahm »erschüttert« zur Kenntnis, dass die Lage offenbar weitaus dramatischer sei als zuletzt angenommen. »Alle Fakten gehören jetzt auf den Tisch«, verlangte Frederici. Der »verheerende TÜV-Bericht« solle unverzüglich dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden.

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