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Protest gegen Trumps Jerusalem-Pläne

Saudi-Arabien und Ägypten warnen vor einer Eskalation nach der Entscheidung

  • Oliver Eberhardt, Kairo
  • Lesedauer: 2 Min.

Kaum jemand kommt im Nahen Osten an der Meldung vorbei: Am Mittwoch versammelten sich überall Menschenmengen, um die für den Abend angekündigte Rede von US-Präsident Donald Trump anzusehen. In Ost-Jerusalem, im Gazastreifen und im Westjordanland verbrannten Palästinenser israelische und amerikanische Flaggen.

Denn Trump will Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen und die US-Botschaft von Tel Aviv dorthin verlegen. Praktisch hat das vorerst keine Auswirkungen: US-Diplomaten gehen davon aus, dass es bis zu sechs Jahre dauern würde, bis die mehr als 1000 Mitarbeiter ihre Arbeit in Jerusalem aufnehmen könnten. Ein Gebäude, das die Anforderungen des US-Außenministeriums erfüllt, müsste erst gebaut werden. Zudem ist es nicht garantiert, dass ein Nachfolger Trumps an dieser Entscheidung festhalten würde, sollte der Friedensprozess nicht voranschreiten.

Danach sieht es momentan aus: Selbst die engen Partner der USA in der Region, allen voran Saudi-Arabien und Ägypten, bezeichneten den Schritt am Mittwoch als »Affront« und warnten vor einer »gefährlichen Eskalation« in den besetzten Gebieten. Dort sitzt der Frust der Menschen tief: Seit der Wahl Trumps geht der israelische Siedlungsbau so schnell voran wie seit Unterzeichnung der Osloer Verträge 1993 und 1995 nicht mehr. Gleichzeitig spielt die Palästina-Frage in der arabischen Welt eine zunehmend untergeordnete Rolle. Stattdessen hat sich Israels Regierung so weit an Saudi-Arabien angenähert, dass sich saudische und israelische Offizielle nun offen treffen, Charterflüge mit muslimischen Pilgern direkt von Tel Aviv nach Saudi-Arabien gehen.

Während Politiker der israelischen rechts-religiösen Koalition am Mittwoch die Jerusalem-Ankündigung bejubelten, waren Polizei, Geheimdienste und Außenministerium entsetzt. Denn auch in Saudi-Arabien gab es öffentliche Proteste, in den dortigen Medien wurde die Frage gestellt, ob nun eine Annäherung an Israel weiterhin möglich ist. Die Kooperation, von der man sich in Israel vor allem in Bezug auf das iranische Atomprogramm und den Konflikt in Jemen viel verspricht, drohe nun zu scheitern.

Israels Polizeichef Roni Alscheich kritisierte, eine solche Ankündigung kurz vor dem 30. Jahrestag der Gründung der Hamas zu verkündigen. Die Organisation, die drei Kriege gegen Israel führte und zuletzt dazu gezwungen war, den Großteil der Kontrolle über den Gazastreifen an die palästinensische Regierung in Ramallah abzugeben, wettert schon seit Tagen gegen Israels Regierung und gegen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der eine »Marionette Trumps« sei. Jahya Sinwar, Hamas-Chef in Gaza, drohte damit, die Gaza-Vereinbarung zu kündigen, sollte Abbas »den Widerstand gegen die Besatzung Jerusalems behindern«. Kommentar Seite 4

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