Wer die Fabriken der Welt ausrüstet

Der größte Industriezweig in Deutschland produziert drei von vier Maschinen für den Export

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

China mag die Fabrik der Welt sein, doch ausgerüstet wird diese von der Industrie in Deutschland, schrieb vor Jahren das britische Wirtschaftsmagazin »The Economist«. Gemeint war damit vor allem eine spezielle Branche: der Maschinenbau. Jede zehnte Maschine, die hierzulande gebaut wird, landet in China. Und es werden immer mehr: »Einen Zuwachs der Ausfuhren um 24 Prozent in den ersten neun Monaten hätten wir Anfang des Jahres nicht für möglich gehalten«, staunte selbst der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Carl Martin Welcker, am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz seiner Organisation in Frankfurt am Main. Die Anstrengungen der Regierung in Peking, das Land rund um den 19. Parteitag der Kommunistischen Partei »in bester Blüte zu präsentieren«, hätten gefruchtet.

Angst vor der Konkurrenz aus Fernost hat der Verband der Maschinenbauer nicht. Der VDMA wolle keine neuen Hindernisse für Investoren, die nach Deutschland kommen, aber man erwarte dieselben günstigen Investitionsbedingungen auch in Asien. »Und wir lehnen es ganz klar ab, dass Parteikader in China versuchen, auf die Geschäftsführungen unserer Unternehmen mehr Einfluss zu nehmen«, schimpfte Welcker, ein gelernter Schlosser. Rund 750 zumeist mittelständische Maschinenbauer aus Deutschland seien in China bereits vor Ort und leisteten einen großen Beitrag zur technologischen Entwicklung des Landes.

Der VDMA blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück. 2017 wird die Maschinenbauindustrie erstmals im Umsatz die 220 Milliarden Euro übertreffen. Drei von vier Maschinen waren für den Export bestimmt, wobei die EU mit rund 47 Prozent die mit Abstand größte Absatzregion blieb. Außerhalb der EU sind neben China, die Vereinigten Staaten der wichtigste Abnehmer.

Die neue Wirtschaftspolitik der USA streifte der VDMA-Präsident nur kurz: So werde die von Präsident Donald Trump vorangetriebene Steuerreform auch »erhebliche Auswirkungen« auf die Steuersysteme in Europa haben. Die vor wenigen Tagen vom US-Senat gebilligte Reform ist bekanntlich ein riesiges Steuersenkungsprogramm vor allem für große Vermögen und Unternehmen; Firmensteuern sollen von 35 auf 20 Prozent fallen. Trumps Politik dürfte eine neue Runde im weltweiten Steuersenkungswettbewerb auslösen. In dieser Woche hatte schon der Deutsche Industrie- und Handelskammerverband von der künftigen Bundesregierung als Reaktion Steuersenkungen eingefordert.

Als »Kernforderungen« an die Politik erhob Welcker stattdessen den flächendeckenden Aufbau eines Gigabit-Netzes, die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung sowie ein Arbeitsrecht, welches sich mehr an der unternehmerischen Praxis orientiert. So verliere der Maschinenbau überdurchschnittlich viele Beschäftigte durch die Rente mit 63. »Daran wird sich jede neue Regierung messen lassen müssen«, mahnte der Familienunternehmer.

Mit rund 1,35 Millionen Erwerbstätigen ist der Maschinenbau mit seinen 3200 Unternehmen der größte industrielle Arbeitgeber in Deutschland. Für 2018 erwartet der Verband ein Produktionswachstum von drei Prozent und einen Umsatz von mehr als 230 Milliarden Euro. Die Zahl der Beschäftigten könnte noch stärker zulegen. Doch bei technischen Fachkräften, IT-Spezialisten oder Ingenieuren gibt es den Angaben zufolge inzwischen »Engpässe«. Die IG Metall warnt der VDMA davor, das Rad im Tarifstreit zu überdrehen. Insbesondere der Einstieg in eine 28-Stunden-Woche würde den Firmen »erheblichen Schaden zufügen«.

Der China-Boom wird indes 2018 weiter erlahmen. Das Wachstum der Exporte in die Volksrepublik dürfte sich laut den Erwartungen etwas verlangsamen, auch wegen des bereits erreichten hohen Niveaus.

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