Vom Schnaps zur Idee
Der Staat verzichtet aufs Branntweinmonopol, die CSU auf Vernunft und gute Manieren
Berlin. Schon vor dem Jahreswechsel scheint mancher außer Rand und Band zu geraten, wie man an der Knallerei in den Straßen hören kann. Die bösen Geister zu vertreiben, darum ging es angeblich bei den Vorläufern des Feuerwerks in vorchristlicher Zeit, und böse Geister gibt es ja heute auch noch genug. Der Böller stößt allerdings an seine natürlichen Grenzen, wenn die CSU die anstehenden Sondierungen zu einer neuen Großen Koalition nun mit echtem Kanonenschlag und weiterem Vernichtungsinstrumentarium ins Visier nimmt. Ihre soeben bekannt gewordenen Forderungen nach quasi einer Verdoppelung des Rüstungshaushalts sind jedenfalls dazu geeignet, der von US-Präsident Donald Trump animierten Hochrüstung des Westens einen neuen Schub zu geben. Wie sie auch dazu führen könnten, die Gespräche mit der SPD, die im Januar beginnen sollen, zu torpedieren.
Bestenfalls ist das ein Zeichen für schlechte Manieren. Jedenfalls hat sich die SPD bisher gegen eine derartige Erhöhung des Rüstungsetats ausgesprochen. Ob die Autoren des CSU-Papiers, das einer Klausur der Bundestagsgruppe als Vorlage dient, in fröhlicher Runde und womöglich schon im Silvestermodus waren, ist unbekannt. Sicher ist nur, dass der Schnaps im Süden und Südwesten der Republik eine Tradition hat, auf die andere Teile des Landes nur neidisch schauen können. Und das liegt zu einem guten Teil an den vornehmlich dort angesiedelten Streuobstwiesen, die seit Menschengedenken den Rohstoff fürs Schnapsbrennen liefern. Mit dem Jahreswechsel allerdings geht das Branntweinmonopol, das dem Staat ein Jahrhundert lang eine sichere Steuer einbrachte, zu Ende. Über die Wirkung auf die Obstbauern, die den Gebrannten herstellen, wird noch spekuliert. Die CSU wird es wohl nicht von weiteren Schnapsideen abhalten. uka Seiten 2, 4 und 5
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