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CDU fordert Abschiebung antisemitischer Migranten

Zentralrat der Juden begrüßt Antragsentwurf der Unionsfraktion zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar / Kritiker: Antisemitismus ist ein deutsches Problem

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion spricht sich für die Abschiebung von Zuwanderern aus, die zu antisemitischem Hass aufrufen. »Wer jüdisches Leben in Deutschland ablehnt oder das Existenzrecht Israels infrage stellt, kann keinen Platz in unserem Land haben«, heißt es in einem Antragsentwurf. Der Zentralrat der Juden begrüßte die Initiative. »Es ist dringend erforderlich, dass der Bundestag gegen den wachsenden Antisemitismus aktiv vorgeht«, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster.

Die Bundesregierung solle bei den Ländern darauf hinwirken, dass die Möglichkeiten des Aufenthaltsgesetzes »konsequent genutzt werden, um Ausländer des Landes zu verweisen, die zu antisemitischem Hass aufrufen«, heißt es in dem Antrag, der nach Angaben aus der Unionsfraktion vor dem Holocaust-Gedenktag am 27. Januar in den Bundestag eingebracht werden soll. Zuerst hatte die Zeitung »Die Welt« darüber berichtet.

Es gehe darum, »den Aufruf zum Hass gegen Teile der Bevölkerung künftig als deutlich gravierender einzustufen«, heißt es in dem Entwurf. Der »Gefährdung des friedlichen Zusammenlebens durch geistige Brandstifter« solle entgegengewirkt werden, indem frühzeitig solche Verhaltensweisen als »besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse« eingestuft werden.

Zentralratspräsident Schuster erklärte am Sonntag weiter: »Justiz, Polizei und Asylbehörden müssen so ausgestattet werden, dass sie gezielt gegen Judenhass und Israel-Hass vorgehen können.« Es sei »überfällig, bisherige Lücken im Versammlungsrecht oder in der Integrationspolitik zu schließen«.

Unions-Fraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) nannte in der »Welt« explizit Herkunftsregionen: »Wir müssen auch dem Antisemitismus von Migranten mit arabischem Hintergrund und aus den afrikanischen Ländern entschieden entgegentreten.« Gegen »importierten Antisemitismus« müssten Prävention und »alle Mittel der Repression bis hin zu den Möglichkeiten des Ausweisungsrechtes konsequent genutzt werden«.

Der Nachrichtenagentur AFP sagte Harbarth am Samstag, Ziel sei es, einen fraktionsübergreifenden Antrag mit SPD, FDP und den Grünen zu formulieren. »Wir plädieren dafür, in der nächsten Bundesregierung einen Antisemitismusbeauftragten einzusetzen«, hob Harbarth einen weiteren Punkt des Antrags hervor. »Ein zentraler Ansprechpartner für alle Akteure im Bund, den Ländern und der Zivilgesellschaft würde unseren Bemühungen noch mehr Durchschlagskraft verleihen.«

In dem Antrag wird zudem gefordert, das Straf- und Versammlungsrecht darauf zu überprüfen, ob Polizei und Justiz genügend Mittel hätten, um wirksam gegen das öffentliche Verbrennen der israelischen Flagge vorzugehen. Harbarth sagte dazu: »Wer die israelische Fahne oder andere staatliche Symbole Israels verbrennt, vernichtet diesen Staat symbolisch und bestreitet sein Existenzrecht.« Er fügte hinzu: »Gerade vor dem Hintergrund unserer Geschichte müssen solche Bilder jeden Deutschen tief beschämen«.

Kritik am Begriff des »importierten Antisemitismus«

Hintergrund der CDU-Forderung sind antisemitische Vorfälle während palästinensischer Proteste gegen die angekündigte Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Unter anderem verbrannten Demonstranten eine Israel-Fahne. Daraufhin hatte der CDU-Politiker Jens Spahn im »Spiegel« gesagt, »neuer Antisemitismus« sei mit der Migration nach Westeuropa gekommen. Die jüngsten Vorfälle hätten »auch mit der Zuwanderung aus einem Kulturraum zu tun, in dem man mit Juden oder Schwulen nicht zimperlich umgeht«.

Kritiker hatten darauf hingewiesen, dass Antisemitismus hierzulande ein in erster Linie deutsches Problem sei: Zuletzt wurden mehr als 90 Prozent der antisemitischen Straftaten hierzulande von deutschen Staatsangehörigen verübt. Die antisemitischen Ausfälle eines Deutschen gegen einen jüdischen Restaurantbesitzer in Berlin hatten ebenfalls für Aufsehen gesorgt.

Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) sprach sich daher für Pflichtbesuche in ehemaligen Konzentrationslagern aus. »Ich fände es sinnvoll, wenn jeder, der in diesem Land lebt, verpflichtet würde, mindestens einmal in seinem Leben eine KZ-Gedenkstätte besucht zu haben«, sagte sie der »Bild am Sonntag«. Das gelte auch für Zuwanderer. KZ-Besuche sollten zum Bestandteil von Integrationskursen werden, sagte Chebli, die Tochter palästinensischer Flüchtlinge ist. nd/Agenturen

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